Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 173 - zeugen von einem Verkauf auf den Linzer Jahrmärkten sowie vom Absatz im italienischen Raum. Während des gesamten Untersuchungszeitraumes waren außerdem Schlösser und Schlosser- waren fixe Bestandteile im Koller-Sortiment. Erstmals nachzuweisen sind sie am Linzer Bar- tholomäusmarkt 1716, wo 26 Bund Schlösser – genauer gesagt gewöhnliche und feine Schlös- ser, kölnische Schlösser sowie Schildschlösser – im Wert von 23 Gulden über den Verkaufs- tisch wanderten. 1041 Auf sämtlichen Jahrmärkten, von denen Unterlagen überliefert sind, fanden sich Schlösser im Angebot, jedoch wurden sie auch auf anderen Wegen abgesetzt. Die Firma Guidetti, Ferrino & Bertochini in Brescia bestellte im Mai 1723 neben Feilen, Raspeln, Zwe- cken und Schermessern außerdem 16 Bund Herzschloß bei Johann Josef Koller. 1042 Auch die Firma Johann Reißner Sohn in Konstantinopel war an Schlössern interessiert und beauftragte im Jahr 1787 Jakob Koller mit der Erstellung eines conto finto – eine Art Proberechnung über eine fiktive Warenbestellung. Diese diente Reißner dazu, die Unkosten inklusive aller Spesen des Transport bis Triest abzuschätzen und sie in seiner Kalkulation zu berücksichtigen. 1043 Die fiktive Bestellung enthielt über 1.000 Bund Feilen und 500 Dutzend Schermesser sowie sechs Bund feine Schlösser – davon drei Bund Schild- und drei Bund Schraubschlösser Nr. 3 zur Probe. 1044 Gefragt waren Schlösser außerdem in Ferrara. 1045 Da das Handelshaus Koller für gewöhnlich nur relativ kleine Eisenfabrikate in seinem Sor- timent führte, die sich z. B. in Fässern, Lägeln, Kisten und Flaschen verpacken ließen, sticht der Verkauf von Öfen natürlich heraus. Erstmals sind Öfen im September 1805 nachzuweisen, als die Firma Johann Michael Peisser sel. Eidam 1046 aus Linz zwei eiserne Öfen (in 13 Teilen) von Reyns sel. Erben in Prag 1047 nach Steyr lieferte. Peisser stellte für Frachtlohn, Niederlage, Trägerlohn und Provision der 422 Pfund (236 Kilogramm) schweren Lieferung 13 Gulden und 24 Kreuzer in Rechnung. 1048 Drei Jahre später bestellte Josef von Koller erneut Öfen bei Reyn in Prag: Am 6. August wurden die acht Heizöfen im Wert von rund 498 Gulden und zu einem 1041 StA Steyr, Strazza vom Linzer Bartholomäusmarkt (August 1716), Kasten XII, L4/1 FV 1–80 Nr. 14. 1042 StA Steyr, Briefkopierbuch (Juni bis August 1723), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 4, fol. 5 f. 1043 „[…] wenn man entweder eine Waare woher will kommen lassen, vorher aber sehen will, wie alle Ankaufs- preise und Unkosten am Ort berechnet werden, und was vor Unkosten unterweg darüber ergehen möchten, deren man sich dann auch erkundigt“; siehe Martin E ULER , Neues Handlungs-Lexikon in deutschen, französischen und italienischen Rubriken für junge Kaufleute und Contoristen, 2 Bde., Karlsruhe 1790, 38. 1044 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Konstantinopel (25.1.1787), Kasten XII, L3/1 FXXV 1–62 Nr. 4. 1045 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Ferrara (30.10.1808), Kasten XII, L4/4 FV 1–123 Nr. 24. 1046 Eidam ist eine veraltete Bezeichnung für Schwiegersohn; siehe Meyers, Bd. 5, Sp. 433–435. Ab 1662 sind die Peisser als Handelsleute am Hauptplatz Nr. 9 (nach den Konskr.-Nr. 1812–1869: Nr. 96) nachgewiesen: 1731– 1746 Johann Michael Peisser, 1746–1766 Peissers Witwe, 1766 bis ca. 1789 Johann Michael Peissers Erben, um 1800 Balthasar Angerer (Ehemann der Maria Anna Peisser); siehe K RECZI , Häuserchronik, 91. 1047 Die Firma Johann Reyn sel. Erben & Comp. handelte mit Eisenwaren und befand sich in der Prager Altstadt „Am Brückel“ bzw. „Zur goldenen Schaufel“; siehe Joseph W ILDT , Handlungs-Gremiums-Schema eines löblichen vereinigten Handelsstandes der k. k. Haupt- und Residenzstadt Prag für das Jahr 1818, Prag 1818, 48. 1048 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Linz (27.9.1805), Kasten XII, L3/2 FXXII 1–169 Nr. 131. Schlösser Öfen
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