Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 169 - Einer der Blechschmiede, von denen die Koller Blech bezogen, war ein gewisser Ochs, der wahrscheinlich in Weyer oder in der näheren Umgebung Weyers ansässig war. Vermittelt wor- den war das Geschäft durch den Eisengeschmeidhändler Josef Matthias Lang. 1010 Weiters be- zog Josef von Koller im April 1806 10 Zentner (560 Kilogramm) Blech von Josef Winterl – ebenfalls aus Weyer. 1011 Winterl besaß außerdem einen Nagelhammer, denn eine weitere Sen- dung von 12 Zentnern (672 Kilogramm) Schlossblech enthielt außerdem zwei Fässer mit 27.000 Stück Kupfernägeln und 20.000 Stück Lattennägeln, die auf einer Zille von Weyer nach Steyr transportiert wurden. 1012 Ausgangsstoff für Eisenblech war idealerweise ein sehr weiches und zähes Eisen, welches zunächst zu breiten, aber nicht zu dicken Stäben ausgeschmiedet und in Stücke angemessener Länge – sogenannte Stürze – zerteilt wurde. Unter einem wasserbetrie- benen Hammer oder – ab dem 19. Jahrhundert – in einem Walzwerk, wurden die Stürze an- schließend in der Breite ausgedehnt und zu Blech gemacht. Von 100 Zentnern Stabeisen bekam man durch das Aushämmern 45 bis 60 Zentner verkäufliches Blech, wohingegen beim Walzen aus derselben Menge 50 bis 72 Zentner gewonnen werden konnten. Beim Walzen hatte man also weniger Materialverlust, weshalb es dem ausgehämmerten vorzuziehen war. Darüber hin- aus konnte man mit einem Hammer nicht so eine ebenmäßige Oberfläche und gleichmäßige Dicke erzielen wie in einem Walzwerk. 1013 Während bei den genannten Produzierenden davon ausgegangen werden kann, dass sie das Blech mit einem Hammer ausgeschmiedet hatten, gibt es einen Beleg dafür, dass die Koller in den 1860er Jahren auch gewalztes Eisenblech in ihrem Sortiment führten. Dieses stammte vom Unternehmer Andreas Töpper, der 1818 in Neubruck bei Scheibbs das erste Eisen-, Stahl- und Walzblechwerk Österreichs errichtet hatte. 1014 Der k. k. landesprivilegierte Eisen- und Blech- fabrikant Töpper stellte im September 1865 eine Rechnung über 115 Gulden aus, die für die Lieferung von 1.000 Pfund (560 Kilogramm) Schlossblech angefallen waren – ein Zentner (56 Kilogramm) kostete laut Rechnung 11 Gulden und 50 Kreuzer. 1015 Damit erschöpfen sich 1010 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Weyer (27.5.1751), Kasten XII, L3/1 FXXXII 1–146 Nr. 56. 1011 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Weyer (8.4.1806), Kasten XII, L3/1 FXX 1–131 Nr. 67. 1012 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Weyer (19.8.1806), Kasten XII, L3/1 FXX 1–131 Nr. 57. 1013 H ARTMANN , Band I, 419 f u. 424–426. 1014 Töpper war gelernter Schmied und machte sich zunächst in der Nähe von Leoben selbständig, bevor er seinen Betrieb verkaufte und nach Neubruck ging, wo er technische Verbesserungen der Eisengewinnung und -verarbei- tung erfand. 1836 erhielt er eine Landesfabriksbefugnis und ein exklusives Privileg auf die Herstellung aller Gat- tungen von Streckeisen mittels Walzen sowie auf gepresste Kopfnägel. 1863 wurde er für seine Verdienste und Erfindungen in den Adelsstand erhoben. Inzwischen besaß der Unternehmer auch eine Stahl-, Walzenblechnägel- und Gasröhrenfabrik bei Scheibbs, eine Gasröhrenfabrik in Gaming, ein Großhammerwerk und mehrere Pudd- lingswerke bei Linz und ein Steinkohlebergwerk bei Gresten, wo insgesamt 220 Arbeiter beschäftigt waren; siehe Walter K LEINDEL , Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild. Namen, Daten, Fakten, Wien 1987, 548 f. 1015 Privatsammlung Ernst Schimanko, Geschäftsbrief aus Scheibbs (13.9.1865). Seit 1857/58 zählte ein Gulden 100 Kreuzer. Produktion Gewalztes Blech aus Scheibbs

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