Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 163 - 197 Gulden, wobei im Sortiment erstmals auch gewöhnlicher und feiner Saitendraht, gemeiner Draht, Schlingendraht und Stuckateurdraht aufscheinen. Die Abnehmer/-innen der insgesamt 696 Pfund (390 Kilogramm) Draht befanden sich vor allem in Ober- und Niederösterreich und Böhmen, was dem allgemein bekannten Klientel der Linzer Jahrmärkte entsprach. 967 Draht wurde außerdem in Wels, 968 Pest, 969 Eferding 970 und Ferrara 971 bei den Koller nachgefragt und auf den Wiener Jahrmärkten verkauft. 972 Grundsätzlich gab es vom steyrischen Eisendraht die Sorten Saiten-, Kranzel-, Kardätschen-, Betenmuster- sowie gewöhnlichen Betendraht, ge- wöhnlichen oder feinen Schlingendraht, Ardädraht, Belladraht, feinen oder groben Nadlerdraht, kleinen, mittleren oder groben Strickdraht, kleinen, mittleren oder groben Leuchterdraht, klei- nen, mittleren oder groben gemeinen Draht, kleinen, mittleren oder groben Riemerdraht, klei- nen, mittleren oder groben Rahmdraht sowie kleinen, mittleren oder groben Kesseldraht. Dar- über hinaus gab es noch feinen und groben Kärtner-Eisendraht, gewöhnlichen oder feinen In- strumentendraht sowie böhmischen und mährischen Eisendraht in unterschiedlichen Ausfüh- rungen. 973 Hergestellt wurde das vielseitig einsetzbare Handwerksmaterial von Drahtziehern, die zu- nächst Grobdraht mit dem Hammer ausschmiedeten und danach – durch mehrmaliges Ziehen durch das sogenannte Zieheisen – Draht in unterschiedlicher Stärke bzw. Feinheit herstellten. Zu einer bahnbrechenden Innovation war es um 1400 gekommen, als in Nürnberg die Draht- mühle erfunden wurde, die das Ziehen des groben Drahtes erleichterte, wofür bis dahin eine „außerordentliche menschliche Kraftanstrengung“ nötig gewesen war. Die Erfindung steigerte sowohl die Menge als auch die Qualität des Drahtes. 974 Da Drahtmühlen eines hohen Kapital- aufwandes bedurften, wurden einzelne Meisterwerkstätten von Verlegern/-innen oder Kaufleu- ten ökonomisch abhängig. 975 Ob auch der Drahtzieher Johann Karl Schröckenfux in der Mühlau bei Admont zu den Kol- ler-Kaufleuten in so einer Verlagsabhängigkeit stand, ist jedoch fraglich. 1787 verkaufte Schrö- ckenfux an Jakob Koller einen halben Zentner Belladraht, einen Zentner Nadlerdraht, jeweils einen Zentner kleinen, mittleren und großen Strickdraht, einen halben Zentner gemeinen Strick- draht und einen halben Zentner Riemerdraht um 110 Gulden und 30 Kreuzer – insgesamt also 967 StA Steyr, Strazza vom Linzer Bartholomäusmarkt (August 1716), Kasten XII, L4/1 FV 1–80 Nr. 14. 968 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Wels (16.11.1747), Kasten XII, L3/4 FXVIII 1–134 Nr. 37. 969 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Pest (3.2.1806), Kasten XII, L3/2 FXXXVI 1–90 Nr. 68. 970 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Eferding (24.3.1806), Kasten XII, L3/2 FXXXVI 1–90 Nr. 14. 971 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Ferrara (21.9.1808), Kasten XII, L4/4 FV 1–123 Nr. 27. 972 StA Steyr, Geschäftsbrief nach Wien (26.4.1806), Kasten XII, L3/4 FXXI 1–142 Nr. 24. 973 W ATHNER , Kenner, 66–68. 974 H OLBACH , Frühformen, 331 f. 975 Herbert A AGARD , Drahtzieher, in: Reinhold Reith, Hg., Lexikon des alten Handwerks: Vom späten Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, 2. Auflage, München 1991, hier 65. Drahtzieher

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