Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 160 - des 18. Jahrhunderts waren Feilen mit den Zeichen „Tabakpfeife“, „Krone“ und „Schlüssel“ besonders in Polen, Moskau und der Türkei beliebt, wohingegen „sie in Venedig und Wälsch- land liegenblieben.“ 936 Bei den Niederländern waren Feilen vom Zeichen „Kleeblatt“ besonders beliebt, während man in Schaffhausen sowie Winterthur den „Reichsapfel“. und bei den Grie- chen sowie Türken Feilen von den Zeichen „Spor“, „Halbmond“ und „Baum“ bevorzugte. 937 Um 1800 lösten sich die Feilenhauer aus ihren Werkstätten und arbeiteten als Heimarbeiter für Verleger (z. B. andere Feilenschmiede) und später für Fabrikanten und Kommissionäre – Fei- lenfabriken gab es seit ungefähr 1840. Die Feilenhaumaschine aus England wurde erst ab 1890 zur ernst zu nehmenden Konkurrenz und konnte eine vier- bis sechsmal so große Leistung als ein Handhauer erbringen. 938 Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts fanden oberösterreichische Fei- len auch Absatz in England, Italien, der Schweiz und in der Levante, „wobei betont wird, daß sie früher auch nach Frankreich, dann in Italien besonders nach Piemont, Rom, Neapel, Sizilien, Florenz verhandelt wurden.“ 939 Aufgrund der starken Konkurrenz durch Gussstahlfeilenfabri- ken, beschränkten sich die Steyrer, Grünburger, Neuzeuger und Steinbacher Feilenhauer nun- mehr auf die Produktion billiger und gewöhnlicher Feilengattungen. 1848 gründete Isidor Braun in Schöndorf und Pichlwang bei Vöcklabruck eine Gussstahlfeilenfabrik, die die größte Konkurrenz der Handwerksbetriebe darstellte. 940 Ahlen Eine Ahle ist ein „nadelartiges Stahlwerkzeug zum Stechen von Löchern, Ausreiben von Bohr- löchern, Korrigieren von Schriftsatz etc.“, 941 welches in zahlreichen Handwerksberufen ver- wendet wurde – in erster Linie aber von solchen, die mit Leder arbeiteten. 942 Auch sie waren ein beliebter Verkaufsgegenstand der Koller-Kaufleute und lassen sich bereits 1707 als Erter und Flickh Erter im Sortiment Johann Josef Kollers nachweisen: Insgesamt waren es 15.400 Stück, die er von Schäffler mit dem Kauf der Handlung übernommen hatte. 943 Erter (Orte) war die Bezeichnung einer krumme Ahlengattung, die Schuster und Sattler zum Vorste- chen von Löchern in Leder verwendeten. 944 Wenige Jahre später findet sich ein differenzierteres Angebot von Ahlen im Warensortiment. Die Inventur von 1712 verzeichnet eine große Band- breite an geraden Ahlen, zweispitzigen Ahlen, runden Peterstorffer Ahlen, ordinari Manistern, 936 H OFFMANN , Wirtschaftsgeschichte, 454. 937 Ebd., 595. 938 S TAHLSCHMIDT , Feilenhauer, 80. 939 H OFFMANN , Wirtschaftsgeschichte, 459. 940 K ROPF , Krise, 136 f. 941 Meyers, Bd. 1, Sp. 203. 942 A DELUNG , Wörterbuch, Bd. 1, Sp. 184. 943 StA Steyr, Inventarium (1707), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 17. 944 A DELUNG , Wörterbuch, Bd. 1, Sp. 184. Ahlen-Gattungen
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