Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 155 - Jahr 1825 mindestens 29 unterschiedliche Arten von Feilen, z. B. Armfeilen mit einer oder zwei Angeln, Bleifeilen, Buchbinderfeilen, dreieckige, flache, runde und halbrunde (Tischler-)Fei- len, Sagfeilen, Schusterfeilen und Sichelfeilen. Sie wurden von den Feilschmieden hergestellt, die auch Raspeln produzierten, von denen es z. B. halbrunde und flache Raspeln, Hufraspeln, Schusterraspeln und flache oder halbrunde Tischlerraspeln gab. Beide Werkzeugtypen wurden in Büscheln (bzw. Bund) zum Wert eines Guldens bzw. 240 Pfennigen zusammengebunden, wobei die Gattung (3er, 4er, 6er, 8er, etc.) angab, wie viele Stück ein solcher Bund enthielt. 896 Abseits der Linzer Jahrmärkte fanden die Feilen und Raspeln der Koller Absatz in ganz Eu- ropa und darüber hinaus. In der frühen Phase der Unternehmensentwicklung war Venedig ein wichtiger Umschlagplatz für den Feilenhandel der Koller – Abnehmer von Feilen und Raspeln waren Giovanni Maria Palvice und Giovanni Pietro Ucelli. Palvice bestellte im Dezember 1721 bei Johann Josef Koller 362 Bund Feilen und Raspeln, die er an Andreas Schmidt in Villach gesandt haben wollte. 897 Der Auftrag enthielt flache Feilen, dreieckige Polierfeilen, halbrunde Raspeln, halbrunde Feilen, dreieckige Feilen und flache Raspeln von den Zeichen „Reichsap- fel“, „Zange“, „P“ und „W“. 898 Ucelli aus Venedig war in den 1720er und 30er Jahren ein re- gelmäßiger Abnehmer von Feilen, so z. B. bestellte er im März 1722 dreieckige Feilen, drei- eckige Polierfeilen, flache Polierfeilen, Mandl -Feilen und flache Feilen von den Zeichen „Mai- krug“ und „Kreuz“ zu gesamt 110 Bund. 899 Feilen und Raspeln wurden aber auch noch zu Be- ginn des 19. Jahrhunderts in Venedig nachgefragt, nämlich als sich ein gewisser B. Debellack im November 1806 über den Preis diverser Eisenwaren – darunter flache und halbrunde Feilen ( lime il mazzo piane mezze tonde ) von den Zeichen „Baum“ ( albero ), „P“, „Kreuz“, „Krucken- kreuz“ und „zwei Schlüssel“ – erkundigte. 900 Auch die Gebrüder Moro aus Venedig tätigten im Jänner 1808 eine Eisenwarenbestellung, die 235 Bund Feilen und 20 Bund flache Raspeln be- traf, äußerten jedoch die Bitte, die Waren über Triest zugestellt zu bekommen. 901 Während anzunehmen ist, dass die Feilen und Raspeln über Venedig und Triest im italieni- schen Raum bzw. im Süden Europas und im Orient distribuiert wurden, fungierte Regensburg 896 Die 3er enthielten 80 Stück in einem Bund, weil 240 dividiert durch drei 80 ergibt – die 4er enthielten demnach 60 Stück, die 40er enthielten sechs Stück und so fort. Das bedeutet: Je höher die Zahl der Gattung, desto größer waren die Feilen bzw. Raspeln und desto weniger befanden sich in einem Bund und umgekehrt; siehe W ATHNER , Kenner, 34. 897 Andreas Schmidt gehörte 1761 zu den acht Faktoren Villachs; siehe H ASSINGER , Handels- und Verkehrsstel- lung, 269. 898 StA Steyr, Briefkopierbuch (1721–1723), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 1, fol. 15 f. 899 StA Steyr, Briefkopierbuch (1722–1723), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 2, fol. 2; siehe außerdem StA Steyr, Briefkopierbuch (1735–1736), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 8, fol. 41 f. 900 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Venedig (12.11.1806), Kasten XII, L3/2 FXXXVII 1–62 Nr. 59. 901 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Venedig (13.1.1808), Kasten XII, L4/4 FIII 1–105 Nr. 26. Venedig Regensburg

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