Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 154 - zunehmende Konkurrenz aus England führte das Gewerbe in die Krise. 888 Darüber hinaus stie- gen die neuen Messerfabriken auf, die ab den 1840er Jahren mit der großgewerblichen Produk- tion begannen. Die erste oberösterreichische Messerfabrik wurde 1864 von Ignaz Bandl in Neu- zeug gegründet. Ab den 1860er Jahren folgte ein rascher Aufschwung der Fabriken, die mit den modernsten Maschinen nach Vorbild Solingens – eine weitere für ihr Messergewerbe berühmte Stadt – ausgestattet waren. 889 Feilen und Raspeln Feilen sind zwar bereits im Übergabe-Inventar von 1707 vorhanden, jedoch in einem sehr be- scheidenen Umfang: Nur Feilen im Wert von 5 Gulden befanden sich zum Zeitpunkt der Be- standsübernahme im Sortiment. 890 Die Inventur von 1712 hingegen weist bereits Feilen – ge- wöhnliche Feilen sowie Säge- und Armfeilen – zu einemWert von rund 734 Gulden aus, wobei die Mengen sowohl in Bund als auch Dutzend und Pfund angegeben wurden. 891 1714 sind erst- mals Schusterfeilen von den Zeichen „Hellebarde“ und „E“ im Wert von 6 Gulden nachweis- bar, die Derfflmayr – vermutlich ein Fuhrmann oder Schiffmeister/-knecht – im Auftrag Johann Josef Kollers zum Linzer Ostermarkt brachte. 892 Laut Strazza vom Bartholomäusmarkt 1716 wurden dreieckige, flache und halbrunde Feilen, Saggersfeilen (Sägefeilen) und Schusterfeilen zu einem Gesamtwert von 79 Gulden nach Süddeutschland verkauft. 893 Feilen und Raspeln waren Geschmeidwaren, die in zahlreichen Handwerken zur Bearbei- tung unterschiedlichster Materialien Anwendung fanden. Je nach Größe bzw. Schwere, Quer- schnitt des Blatts (flach, drei- oder viereckig, oval, kreisrund, halbrund) und der Hiebzahl, konnten Feilen und Raspeln z. B. zum Ein- und Nachfeilen metallener Schraubgewinde, zum Kantenglätten bei Hornplatten und Hufen, zum Kürzen von Zähnen für Uhrwerke, zum feinen Oberflächenabtrag bei Steinblöcken oder bei Flächennacharbeiten in der Holzbildhauerei ein- gesetzt werden. 894 Dreikantige Feilen, die sehr häufig von den Koller verkauft wurden, wurden von Zeugschmieden zum Formen der Zähne einer Säge benötigt. 895 Josef Wathner kannte im 888 K ROPF , Krise, 119. 889 Ebd., 135. Zur Schneidwarenindustrie siehe auch Jochem P UTSCH / Manfred K RAUSE , Schneidwarenindustrie in Europa. Reisen zu den Werkstätten eines alten Gewerbes, Köln 1994. Zum Steyrer Schneidwarengewerbe siehe insbesondere ab S. 208. 890 StA Steyr, Inventarium (1707), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 17. 891 StA Steyr, Inventar und Quartalsbilanzen (31.12.1712), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 19. 892 StA Steyr, Güterverzeichnis vom Linzer Ostermarkt (1714), Kasten XII, L4/1 FV 1–80 Nr. 3. 893 StA Steyr, Strazza vom Linzer Bartholomäusmarkt (August 1716), Kasten XII, L4/1 FV 1–80 Nr. 14. 894 S CHINDLER , Werkzeuge, 110. 895 Im 18. Jahrhundert wurden dafür in Remscheid – dem führenden Produktionsort dieses Handwerks in Deutsch- land – Hammer und Meißel verwendet, später wurden die Zähne ausgestanzt; siehe Rainer S TAHLSCHMIDT , Zeug- und Zirkelschmied, in: Reinhold Reith, Hg., Lexikon des alten Handwerks: Vom späten Mittelalter bis ins 20. Jahr- hundert, 2. Auflage, München 1991, 266–271, hier 269. Feilen in Bünden Arten von Feilen und Raspeln

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