Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 152 - Als Lieferadresse gab er die Firma Masari, Amie & Compagno in Triest an, die den Weiter- transport nach Konstantinopel organisierte. 872 Obwohl es allgemein heißt, Triest habe ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Venedig den Rang als Haupthafen in der Adria abgelaufen, hatten die Koller noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts intensive Geschäftsbeziehungen zu venezianischen Handelshäusern und Kaufleuten, so z. B. mit B. Debellack, der im November 1806 um die Preise diverser Eisenwa- ren bei Josef von Koller anfragte: Neben verzinnten Angelhaken, Nadeln, Feilen, kleinen Ta- schenmessern, Traubenmessern und schwarzen Haken, wollte er auch die Preise der rasadore – der Schermesser – wissen. 873 Über die Herkunft der Messer wissen wir leider sehr wenig, da kaum entsprechende Korres- pondenz mit den Produzierenden überliefert ist und die Bestellungen in der Regel anhand der Meisterzeichen – und nicht anhand der Namen der Meister – erfolgten. Als einer der Produzie- renden konnte dennoch der Steinbacher Messerer Hans Mathias Löschenkohl identifiziert wer- den, der in lockerer Verlagsbeziehung zu Maria Elisabetha Koller gestanden haben könnte. Am 20. Dezember 1747 hatte sie ihm 3 Zentner (168 Kilogramm) Stahl geschickt, wofür er Anfang des darauffolgenden Jahres 96 Dutzend Schermesser und sechs Dutzend Pater Mösser lieferte und dafür 20 Gulden in Rechnung stellte. Im Begleitschreiben kündigte er außerdem an, am Pfingsttag 3.000 bis 4.000 Stück der noch offenen Bestellung von mati Mößern zu schicken, wofür er drei weitere Zentner Stahl benötigte. 874 Steinbach war seit Beginn des 15. Jahrhunderts neben Steyr der wichtigste Ort des Eisenhandwerks im Steyrtal. Sämtliche Messerer, Klingen- schmiede und Schleifer im Umkreis von zwei Meilen gehörten zur bedeutsamen Steinbacher Innung, ebenso wie jene aus Neuzeug, Trattenbach, Grünburg, Molln, Leonstein, Sierningh- ofen, Kremsmünster, Kirchdorf und Klaus. 875 Die in diesen Produktionsorten ansässigen Messerhandwerksleute verwendeten für kleinere Klingen ausschließlich reinen Stahl, wohingegen sie für größere Klingen zwei Zaine – Stahl für die Schneide und Eisen für den Kern – zusammen schmiedeten. 876 Der nötige Frumb-stahl bzw. das Zaineisen kam aus Innerberg, woraus die Klingenschmiede in Dambach, Kleinraming und Unterwald die Rohklingen herstellten. 877 Nach diesem ersten von drei Produktionsstufen, küm- merten sich die Schleifer um das Schleifen und Polieren der Klingen, die anschließend zum 872 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Konstantinopel (25.11.1808), Kasten XII, L4/4 FV 1–123 Nr. 63. 873 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Venedig (12.11.1806), Kasten XII, L3/2 FXXXVII 1–62 Nr. 59. 874 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Steinbach (13.1.1748), Kasten XII, L3/3 FXXXIV 1–71 Nr. 61. 875 A LTZINGER , Entwicklung, 10. 876 R EITH , Lohn, 247 f. 877 H ACK , Steyr, 26 f. Absatz über Venedig Produzenten/ -innen Produktion
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