Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 151 - südlich von Steyr gelegen, wo auch die berühmten Taschenfeitel hergestellt wurden. 868 Antonio Zingrilara in Triest, der Kollers sel. Witwe & Erben mit zehn Ballen Baumwolle aus Smyrna versorgt hatte, kaufte im März 1753 im Gegenzug drei Fässer Schermesser ( rasatori ) im Ge- samtwert von rund 881 Gulden sowie 1.750 Stück Taschenfeitel mit Holzgriff ( brittole di leg- nio ) zu 13 Gulden. 869 Triest war zu diesem Zeitpunkt der Umschlagplatz an der Adria und hatte Venedig als Handelszentrum abgelöst, sodass davon auszugehen ist, dass die von den Koller dorthin versandten Schermesser nicht dort verblieben, sondern andernorts Absatz fanden, z. B. im Piemont: Das Triester Haus Planer & Roth kümmerte sich im Jänner 1808 um die Zustellung eines Fasses Schermesser an Abram Josef Nunes Vaes in Livorno, der die Artikel wiederum an die Abnehmer/-innen in Alessandria zustellte. 870 Hoffmann nennt neben Italien außerdem die Levante als beliebten Absatzort der Rasier- bzw. Schermesser aus Oberösterreich, die teilweise direkt und teilweise durch griechische Handelshäuser in Wien, Triest oder Livorno gehandelt worden seien. 871 Messer waren für die Koller Artikel, die auffallend häufig an weit entfernte Plätze verhandelt wurden, wobei die Vermittlung dieser Geschäfte meist über Triester Kommissions- und Spedi- tionshäuser erfolgte. In Ausnahmefällen bestellten die Abnehmer/-innen auch direkt bei den Koller, z. B. während der kritischen politischen Umstände der Napoleonischen Ära. Giovanni Francesco Marion aus Konstantinopel wandte sich im November 1808 schriftlich an Koller, um einige Waren anzufordern:  20 Dutzend feine Tischmesser mit weißem, geradem, beinernem Griff und gerader Klinge ( coltelli da tavola fini con bel manco d’osso bianco dritto e lame dritta )  20 Dutzend feine Dochtscheren ( smoccolatori fini )  30 Dutzend Taschenfeitel mittlerer Größe ( brittole fine da tasca che serrino, grandezza mediocre )  20 Dutzend feine Taschenmesser mit beinernem Griff ( temperini fini con manico d’osso )  20 Dutzend feine Scheren mittlerer Größe ( forbici fine di mediocre grandezza )  50.000 Stück extrafeine Nähnadeln, sortiert, mit rundem Loch ( aghi da cucire sopra fini assortiti, buco tondo ) 868 S CHINDLER , Werkzeuge, 186 f. „Die grösste Sorgfalt und Kunstfertigkeit erfordert die Verfertigung guter Rasir- messer [sic!].“; siehe H ARTMANN , Conversations-Lexikon IV, 187. 869 StA Steyr, Rechnung aus Triest (29.3.1753), Kasten XII, L4/4 FII 1–19 Nr. 9. 870 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Triest (29.1.1808), Kasten XII, L3/4 FVIII 1–135 Nr. 9. 871 H OFFMANN , Wirtschaftsgeschichte, 458. Absatz über Triest

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