Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 148 - Waren, die Johann Josef Koller mit dem Kauf der Handlung von Georg Ulrich Schäfflers Witwe übernahm. Unter den Eisengeschmeidwaren sind 54 Dutzend Messer, 62 Bund Reifmesser, 192 ½ Dutzend Schermesser, 848 mindestens 206 Bund Schafscheren sowie einige Hackmesser und Haarscheren zu finden. 849 Bereits Schäffler hatte also Messer und Scheren in seinem Sor- timent gehabt, wenn auch die Eisengeschmeidwaren den Textil- und Spezereiwaren sowohl mengen- als auch wertmäßig untergeordnet waren. Wie bereits festgestellt, hatte Johann Josef Koller das von Schäffler übernommene Eisengeschmeidwarensortiment in den ersten Jahren nach der Unternehmensgründung ausgeweitet, sodass sich 1712 laut Wareninventur bereits 142.591 Stück und 87 Bund Messer im Gesamtwert von über 2.575 Gulden im Sortiment finden lassen. An Sorten führte Koller 42.080 Stück gewöhnliche hölzerne Taschenmesser, 41.325 Stück Kneib (Schustermesser; auch Kneif oder Kneip genannt), 850 39.270 Stück gemal- len , rote und schwarze Schermesser, außerdem kleine, mittlere und große Carovan -Messer, schwarz- und weißbeinerne Federmesserl , Reifmesser sowie Nürnberger, Passauer, Steinba- cher (von den Zeichen „R“, „Hämmerl“, „S“, „Hahn“ und „Hand“) und Waidhofner Messer (von den Zeichen „Säbel“ und „R“). Im Übrigen fanden sich 317 Dutzend (3.798 Stück) – über- wiegend spanische – Scheren zu einem Wert von rund 319 Gulden. 851 Nur ein Bruchteil dieses umfassenden Messersortiments wurde jedoch auf den Linzer Jahrmärkten feilgeboten. Zum Os- termarkt 1714 ließ Johann Josef Koller 15.493 Stück Messer im Wert von mindestens 107 Gul- den bringen. An Sorten fanden sich darunter 13.825 Stück Taschenmesser, 1.200 Stück Gneib und 39 Dutzend (468 Stück) Schermesser. Die Preise der Messer je 1.000 Stück variierten zwi- schen 6 Gulden und 40 Kreuzern und 44 Gulden und 27 Kreuzern, was vor allem vom jeweili- gen Meisterzeichen und dessen Reputation abhängig war (mehr zum Zeichenwesen ab S. 210) . 852 Am Linzer Bartholomäusmarkt im August 1716 kamen zu den zahlreichen Schustermessern, Schermessern (dieses Mal auch glatte und schwarze) und Taschenmessern, außerdem Raifmes- ser (zum Entrinden von Holzpfählen, siehe Abbildung 12) und weiße beinere Federmesserl hinzu. Unter Federmesser konnte man zweierlei verstehen: einerseits „ein kleines Messer, 848 Rasierklingen bzw. -messer, die von Badern und Barbieren benutzt wurden; siehe Thomas S CHINDLER , Werk- zeuge der Frühneuzeit im Germanischen Nationalmuseum. Bestandskatalog (Bestandskataloge des Germanischen Nationalmuseums), Nürnberg 2013, 186 f. 849 StA Steyr, Inventarium (1707), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 17. 850 An Sorten befanden sich darunter Schillinger- und Groschen-Kneib, gewöhnliche und krumme 10er, gerade und hohle Danziger sowie Hohlstutzen-Kneib. Schustermesser dienten als Beschneidemesser für Absätze, Leder- kanten und Sohlenränder; siehe S CHINDLER , Werkzeuge, 186; G RIMM / G RIMM , DWB, Bd. 11, Sp. 1403. 851 StA Steyr, Inventar und Quartalsbilanzen (31.12.1712), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 19. 852 StA Steyr, Güterverzeichnis vom Linzer Ostermarkt (1714), Kasten XII, L4/1 FV 1–80 Nr. 3. Feder- und Reifmesser

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