Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 144 - den besten Konditionen wahrzunehmen. Im Sommer 1808 fragte Josef von Koller bei mindes- tens zwei Sensenmeistern nach den Preisen von 30 zeilligen breitbärdige [n] Schweizer Sengsen, von graden Form an: Paul Stainhuber in Micheldorf verlangte für 100 Stück dieser Sensen 91 Gulden, 818 während Franz Holzinger (Sensenschmied auf der Pfusterschmiede in Michel- dorf) franko Steyr 120 Gulden verlangte. 819 Die Preise der Sensen lagen also erstaunlich weit auseinander, wobei Stainhuber betonte, dass es sich dabei um einen billigen Preise handle und darin die Transportkosten wohl noch nicht eingerechnet waren, wohingegen Holzinger franko Steyr liefern wollte. Das Einholen von Angeboten war eine naheliegende Strategie der Koller- Kaufleute, um den bestmöglichen Preis zu erzielen und das Geschäft möglichst rentabel zu machen. Zuletzt sind noch Strohmesser zu erwähnen, die ebenfalls von Sensenschmieden hergestellt wurden, aber nur selten bei den Koller als Handelsware belegt sind. Strohmesser waren „Werk- zeuge um Stroh zu Häckerling zu schneiden“ – also um es zu verkleinern, sodass es als Futter für Pferde oder Rinder verwendet werden konnte. Die Messer wurden – anders als die Sensen und Sicheln – nach ihrem Gewicht per Stück unterschieden, sodass es z. B. 2-, 2 ¼-, 2 ½- und 3-pfundige Strohmesser gab. 820 Josef von Volpi schickte im August 1806 zwei Strohmesser nach Linz zu Koller, der sich auf dem Bartholomäusmarkt aufhielt. 821 Obwohl es keine weiteren Belege zu den Strohmessern gibt, waren sie zum Ende des Handelsgeschäftes nachweislich Teil der Warenpalette, wie die Rückseite einer Rechnung mit der Sortimentsübersicht belegt. 822 An Gattungen unterschied Wathner im Jahr 1825 gerade, krumme, krumme böhmische, krumme polnische, krumme schlesische, krumme mährische Strohmesser sowie Strohmesser für Ma- schinen. 823 Leider gibt es im Koller-Archiv nur wenige Informationen darüber, wohin die Sensen, Si- cheln und Strohmesser verkauft wurden. Steirische Sensen waren aufgrund ihrer technischen Ausführung und der ausgezeichneten Materialqualität sowohl auf den heimischen Märkten, als auch in Böhmen, Deutschland, Frankreich, Ungarn, der Türkei und Polen gefragt. 824 Der größte Abnehmer der Exporte war aber Russland, wobei sich der Hauptumschlagplatz in der Stadt 818 Stainhubers Siegel zeigt eine nach unten gerichtete Hellebarde mit drei Kreuzen darüber und einer Umschrift mit seinen Initialen „P. S. H.“; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief aus Micheldorf (26.7.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 102. 819 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Micheldorf (10.8.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 106. 820 P ETTER , Sensen, 106. 821 StA Steyr, Geschäftsbrief nach Linz (22.8.1806), Kasten XII, L3/4 FXXI 1–142 Nr. 42. Die Strohmesser hatte Koller vor mehreren Jahren von einemWeinmeister bekommen, jedoch habe Volpi den Preis davon nicht gekannt, wie dieser selbst mitteilte. Höchstwahrscheinlich handelte es sich bei den beiden Strohmessern um Muster, die Koller als Anschauungsmaterial auf dem Jahrmarkt benötigte und daher bei Volpi anforderte. 822 Privatsammlung Ernst Schimanko, Rechnung für Christoph Piesslinger (nach 1850). 823 W ATHNER , Kenner, 56. 824 K ASER , Eisenverarbeitung, 169. Strohmesser Absatzorte

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