Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 143 - der Sensenmeister ab und kauften sich steirische Betriebe, sodass die Kirchdorfer Sensenge- schlechter bald auch die steirischen Zünfte von Rottenmann, Judenburg, Kindberg und Übel- bach beherrschten. 810 Ein weiterer Weinmeister begegnet uns in den Geschäftsunterlagen der Koller 1806, als Christoph Weinmeister aus Wasserleit bei Prank (heute Sankt Marein-Feistritz) Josef von Kol- ler mitteilte, dass er keine türkischen Sensen herstelle und daher keine Preisauskunft dazu geben könne. Jedoch bot der Sensenschmiedmeister an, diese Sensengattung für Koller anzufertigen, sofern er ihm davon ein Musterstück zusenden könne. 811 Andere Sensenschmiede, von denen Koller Sensen kaufte, waren Matthias Mandlbauer in Micheldorf, 812 die Koller in Molln mit dem Zeichen „Siebenstern“ (mit denen die Steyrer Koller jedoch nicht verwandt waren), 813 Jo- sef Leopold Winkler aus Laussabach (Losenstein) 814 und Johann Christoph Weinmeister aus Leonstein. Letzterer teilte Koller im Oktober 1806 die franzischen Sengs Breise mit – die Preise der sieben- bis zehnhändigen unbartigen Sensen lagen zwischen 108 und 170 Gulden je 100 Stück. 815 Obwohl die Sensenmeister freies Eisenbezugsrecht hatten und nicht dem Verlag unterworfen waren, kam es durchaus vor, dass sie Stahl und Eisen über die Kaufleute bezogen, an die sie ihre Sensen verkauften, wie z. B. Matthias Mandlbaur aus Micheldorf, der mit der Lieferung eines Fasses mit 1.400 Stück 8-händigen Sensen nach Steyr durch seinen Knecht gleichzeitig 225 Gulden übermachte und Josef von Koller darum bat, von diesem Geld 10 Zentner Schar- sachstahl zu kaufen. 816 Mit einem derart simplen Gegengeschäft ist jedoch noch keine Verlags- beziehung gegeben. Es könnte bloß Ausdruck einer guten Handelsbeziehung oder eine schlicht- weg pragmatische Entscheidung für Mandlbaur gewesen sein, den Stahl gleich durch den Ab- nehmer seiner Sensen besorgen zu lassen. In ein Fass passten zur Jahrhundertmitte im Übrigen rund 800 Stück Sensen und es wog 16 Zentner (896 Kilogramm). 817 Bei den Preisen der Sensen konnte es große Unterschiede geben, sodass die Koller stets darum bemüht waren, Angebote bei verschiedenen Produzierenden einzuholen und jene mit 810 Rudolf K ROPF , Die oberösterreichischen Sensenschmiede vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ersten Welt- krieg mit besonderer Berücksichtigung der Kirchdorf-Micheldorfer Region, in: Rudolf Kropf, Hg., Sensen, Schmiede, Kultur: Sensenschmiedemuseum Micheldorf, Linz 1998, 25–39, hier 30. 811 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Wasserleit (24.3.1806), Kasten XII, L3/1 FXX 1–131 Nr. 17. 812 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Micheldorf (12.8.1806), Kasten XII, L3/2 FXXVII 1–148 Nr. 1. 813 StA Steyr, Geschäftsbrief nach Linz (18.8.1806), Kasten XII, L3/4 FXXI 1–142 Nr. 40. 814 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Losenstein (30.12.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 93. 815 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Leonstein (4.10.1806), Kasten XII, L3/1 FXX 1–131 Nr. 25. Französische Sensen waren größere und schwerere Exemplare, deren Blätter viel breiter waren als die polnischen, die hierzulande üblich waren; siehe P ETTER , Sensen, 97–99. 816 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Micheldorf (19.10.1806), Kasten XII, L3/2 FXXVII 1–148 Nr. 2. 817 H OFFMANN , Wirtschaftsgeschichte, 452. Weitere Sensen- hersteller Gegengeschäfte Preisvergleich
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