Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 142 - erneut 1808, als Franz Anton Moser – ein Micheldorfer Sensenschmied mit dem Zeichen „Klee- blatt“ – die Preise von unterschiedlichen Sichel-Gattungen franko Wels oder Steyr übermit- telte. 803 Bei den Sicheln gab es kleine, mittlere und große, die zu 100 Stück bestellt wurden. An Sorten nannte Wathner im Jahr 1825 Ganstragen-Sicheln, Nadler-Sicheln, Sächsische Sicheln, Sensen-Sicheln und Strichler-Sicheln. 804 Anders als die Sensen wurden Sicheln in allen Teilen der österreichischen Monarchie abgesetzt, auch an „Reichsländer“, Schweizer und Franzosen, jedoch nicht nach Russland. 805 Sensen tauchen erstmals 1748 auf, als Johann Josef von Thävon in Vilshofen an der Donau eine Bestellung von Schlossblech, unterschiedlichen Nägeln, Schaufeln und Brunneisen aufgab und dafür 31 Gulden an Maria Elisabetha Koller übersandte. Für den Fall, dass von dem Geld etwas übrig bliebe, solle die Kollerin davon 8-griffige Senßen kaufen. 806 „Griffig“ verwendete Thävon vermutlich synonym mit „händig“, da man die Länge steirischer Sensen nach Händen (oder auch Spannen) maß, sodass es z. B. 7-, 8- oder 9-händige oder 5-spännige Sensen gab. 807 Ein weiterer Beleg zum Sensenhandel der Koller begegnet uns 1787, als Simon Wolfgang Weinmeister kurz vor Weihnachten die Preise der zuvor an Jakob Koller gesandten Muster übermittelte. Inklusive Transport bis Knittelfeld kosteten die 3 ½-spännigen Sensen 24 Gulden und die 4-spännigen Sensen 27 Gulden (je 100 Stück). Die Sensen gingen von dort jedoch nicht weiter nach Steyr zu Koller, sondern auf der Mur bis nach Graz und schließlich durch dortige Geschäftsfreunde weiter nach Triest. 808 Weinmeister war seit 1777 Sensenschmiedmeister auf der Werkstatt in Möderbrugg und gehörte damit der Judenburger Innung an. 809 Es war nicht ungewöhnlich, dass die Namen der ursprünglich oberösterreichischen Sensengewerksfamilien auch in der Steiermark zu finden waren. Als die Kirchdorfer Handwerksordnung in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nämlich die Zahl der Meister beschränkte, wanderten viele Söhne 803 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Micheldorf (12.1.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 103. 804 W ATHNER , Kenner, 56. 805 P ETTER , Sensen, 106. 806 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Vilshofen (19.8.1748), Kasten XII, L3/4 FXVIII 1–134 Nr. 62. 807 Heinrich August P IERER , Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. Oder neuestes encyclopädi- sches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe. Bd. 28: Schwefel–Skirren, 3. Auflage, Altenburg 1845, 232. In Frankreich wurde die Länge von Sensen in Zoll angegeben, in Deutschland, Ungarn, Polen und Russland nach der Handbreite und in Österreichisch-Schlesien und Breslau nach Spannen. Eine Spanne ist die Breite zwischen dem ausgestreckten Daumen und dem kleinen Finger; siehe P ETTER , Sensen, 98. 808 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Möderbrugg (24.12.1787), Kasten XII, L3/3 FXXVII 1–182 Nr. 79. 809 Josef Z EITLINGER , Sensen, Sensenschmiede und ihre Technik, in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Museal- vereins 91 (1944), hier 47. Sensen
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