Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 137 - zurück. Umgingen die Handwerker die Handelsleute und kauften das Rohmaterial direkt bei den Hammermeistern, handelte es sich um sogenannten „Fürkauf“ (mehr dazu im Kapitel 3.3.3 Das Verlagssystem a b S. 181) . 767 Tatsächlich fungierten auch die Koller als Verleger – sie bezogen die Nägel zum Teil aus Losenstein, z. B. beim Nagelschmiedmeister Caspar Hürnholzer. Er dürfte in einem lockeren Verlagsverhältnis zu Josef von Koller gestanden haben, denn er forderte in eine Brief von 1806 beim Steyrer Kaufmann, Eisen im Wert von 34 Gulden an, welches er zur Herstellung der von Koller bestellten Schindelnägel benötigte. 768 Auch den Peuerbacher Nagelschmied Georg Fi- scher hatte Koller mit Rohstoff versorgt, denn dieser kündigte an, am 18. Juni 1806 mit zwei Pferden nach Steyr zu kommen, um 14 Zentner Zaineisen bei Koller abzuholen. 769 Der Verlag war um 1800 jedoch nicht mehr zwingend, wie der Geschäftsbrief Josef Sengls aus Losenstein belegt: Josef von Koller nahm Sengl Nägel ab, die Sengl selbst nicht mehr verkaufen konnte, wofür sich der Nagelschmied dankbar zeigte. Er merkte außerdem an, dass von der einen oder anderen Gattung die Preise zwar etwas höher angesetzt seien, als Koller gewöhnlich dafür be- zahle, jedoch bekomme Sengl ja auch keinen zinslosen Vorschuss von Koller (Verlag), wie dieser ihn anderen Nagelschmieden zukommen ließe. 770 Neben Losenstein kamen die Nägel außerdem aus Ried, nämlich aus der Werkstatt des bür- gerlichen Nagelschmieds Michael Alois Hasreiter. Er ließ im Mai 1808 durch den Linzer Boten 26.000 Stück halbe Bretternägel nach Linz schicken, wo sie Koller bei J. B. Leithner neben der Linzer Hauptwache abholen lassen konnte. Dafür stellte er 121 Gulden und 20 Kreuzer in Rech- nung, was einem Einzelpreis von 4 Gulden und 40 Kreuzern je 1.000 Stück entspricht. Hasreiter verwendete ausschließlich Salzburger Eisen und kein böhmisches, während er Hufnägel aus Murauer Herrn Zein Eisen (Zaineisen von Murauer Hammerherren) herstellen würde, da es sich dabei um sehrguttes Eüsen handeln würde. 771 Angebote erhielt Koller außerdem aus Weyer von Josef Winterl, der zur Lieferung von 10 Zentnern Blech außerdem eine Preisliste über jeweils 1.000 Stück 12-pfundige Lattennägel (78 Groschen) und 10-pfundige Kupfernägel (68 Groschen) beilegte 772 – außerdem von der Firma Offner aus Wolfsberg. Der dortige Eisenindustrielle und -händler Johann Michael Offner der Jüngere, mit dessen Vater die Koller erstmals 1787 in geschäftliche Verbindung getreten waren, bot im April 1806 eine Lieferung italienischer Nägel franko Wolfsberg an. Die Canalli 767 Rudolf H OLBACH , Frühformen von Verlag und Großbetrieb in der gewerblichen Produktion (13.–16. Jahrhun- dert) (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte: Beihefte 110), Stuttgart 1994, 328. 768 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Losenstein (1806), Kasten XII, L3/1 FXVI 1–121 Nr. 46. 769 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Peuerbach (1.6.1806), Kasten XII, L3/1 FXVI 1–121 Nr. 57. 770 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Losenstein (27.5.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 94. 771 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Ried (11.5.1808), Kasten XII, L3/1 FXXVIII 1–107 Nr. 15. 772 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Weyer (8.4.1806), Kasten XII, L3/1 FXX 1–131 Nr. 67. Nägel aus Losenstein Nägel aus Ried Italienische Nägel aus Wolfsberg

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