Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 14 - darf dabei nicht vernachlässigt werden. Bei der Frage nach den Akteuren/-innen wird auch jene nach ihrer Stellung im und ihrem Einfluss auf das Stadtgeschehen laut: Ob sie aufgrund ihres wirtschaftlichen Erfolges auch politische Macht erlangten, z. B. in der Funktion von Ratsmit- gliedern oder Bürgermeistern, oder ob sie sich in Vereinen oder Interessensvertretungen enga- gierten. Der Hauptteil der Arbeit befasst sich anschließend mit der konkreten Handelspraxis der Kaufleutefamilie (ab S. 80) , wobei in einem ersten Schritt die Rahmenbedingungen für den Eisenwarenhandel in Steyr und die Motive zur Unternehmensgründung durch Johann Josef Koller (1680–1742) ermittelt werden. Es gilt dabei zu berücksichtigen, welche Privilegien und rechtlichen Bedingungen dem Handel zugrunde lagen, welche Gewerbe in Steyr ausgeübt wur- den und wie sich die wirtschaftliche Lage des Eisenhandels in den Jahrzehnten zuvor entwickelt hatte. Die Einbeziehung der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rahmenbe- dingungen (ab S. 80) wird schließlich bei allen zu untersuchenden Aspekten von Relevanz sein. Längerfristig erfolgreiche Unternehmen mussten auf Marktveränderungen reagieren und wur- den sowohl von endogenen als auch exogenen Faktoren beeinflusst. Erst mit einem grundle- genden Verständnis der jeweiligen Verhältnisse kann das Unternehmen im Kontext seiner Zeit untersucht und verstanden werden. 24 Nach der Darlegung der Standortfaktoren, der Gründungsmotive und der Geschäftsbereiche wird das Unternehmen der Koller einer Analyse unterzogen, die sich an modernen betriebswirt- schaftlichen Gesichtspunkten und Begrifflichkeiten orientiert. Im Kapitel „Organisation und Personal“ (ab S. 102) erfahren die Ausbildung und die Fähigkeiten der Unternehmer/-innen, mögliche Teilhaberschaften und die personelle Struktur – sowohl von Handlung als auch von Haushalt – besondere Aufmerksamkeit. Anschließend wird im Kapitel „Beschaffung“ (ab S. 122) danach gefragt, welche Waren sich im Sortiment der Koller befanden, woher diese stammten und unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurden, in welche Gebiete sie ver- 24 Mit Fragen veränderter unternehmerischer Strategien auf disruptive Ereignisse wie z. B. Industrialisierungspro- zesse beschäftigt sich das Modell des Resilienz-Managements, das unter anderem von Markus Denzel auf histori- sche, auch vorindustrielle, Unternehmen angewendet wird. Es wird dabei analysiert, ob und wie die Unternehmen auf veränderte Rahmenbedingungen reagierten und welche lang- und kurzfristigen, reaktiven sowie proaktiven Strategien sie entwickelten, um die Vulnerabilität einzuschränken und die Resilienz zu stärken. Konkrete Strate- gien konnten z. B. die Professionalisierung der Unternehmer, die Neuformierung des Unternehmens, die Diversi- fizierung, die intensivierte Kommunikation und Vernetzung und die Einführung der doppelten Buchführung oder von Notizbüchern zur weiteren strategischen Planung sein. Obwohl sehr vielversprechend für die Unternehmens- geschichte, ist dafür die mühsame Ableitung von Details aus buchhalterischen Unterlagen und Korrespondenzen erforderlich. Im Fall der Koller sind erstere Quellen nur spärlich überliefert und zweitere bilden nur eine Seite der Kommunikation ab, sodass kaum Aussagen über die Reaktion der Koller-Kaufleute auf disruptive Ereignisse ge- tätigt werden können; siehe Markus A. D ENZEL , Beharrungskraft und Anpassungsleistungen wirtschaftlicher Sys- teme angesichts schockartiger Umbrüche – oder: Von der Resilienz zum Resilienz-Management, in: Vierteljahr- schrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 105/4 (2019), 528–547. Entwicklung des Eisenwesens Unternehmens- bereiche
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