Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 130 - Josef von Koller die ihm 1808 wiederholt von Ignatz Bloberger aus Linz angebotenen Ochsen- klauen tatsächlich kaufte und damit die von ihm „verlegten“ Eisenarbeiter versorgte, 728 z. B. im Oktober 1808, als er 6.000 Klau an Franz Teufel aus dem Markt Zell – dem „Handwerks- viertel“ in Waidhofen an der Ybbs – verkaufte. 729 In den Bereich der Materialwaren fallen – wie erwähnt – diverse Drogen bzw. Arzneimittel, wie z. B. Abführmittel, die Jakob Koller im Juli 1787 im Auftrag seines Schwagers Dr. Johann Franz Winter importieren sollte. Winter – ein Mediziner aus Vordernberg – benötigte für sich und seine Kollegen Poudre d’Ailhaut , wozu er Koller um Hilfe ersuchte, da dieser über die nötigen Kontakte und Informationsressourcen verfügte, um den Import zu bewerkstelligen. Die 100 Pakete des Pulvers sollten bei Johannes Lichtenbergers sel. Witwe in Straßburg bestellt werden, wofür nach Schätzung Winters um die 400 Gulden zu bezahlen waren. 730 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stach unter den Lieferanten von Spezerei- und Materialwa- ren insbesondere der Nürnberger Handelsmann Johann Tobias Kießling (1742–1824) heraus, der mit Josef von Koller mehrmals ins Geschäft kam. Johann Tobias hatte 1763 das väterliche Geschäft übernommen, das seit Generationen in Österreich mit Drogen und feinen Gewürzen handelte. 731 Im Jänner 1806 traf bei Koller eine Versandbestätigung Kießlings von zwei Fässern Zucker und Kaffee zur Lieferung nach Linz zu Carl Anton Hafferl ein, wofür rund 1.963 Gul- den Wiener Kurantgeld anfielen. Ein weiteres Fass mit 84 Bouteillen feinstem jamaikanischen Rum im Wert von rund 473 Gulden hatte sich in der Zwischenzeit durch Christan Gottlieb Dimpfel in Regensburg auf dem Weg zu Hafferl in Linz befunden, von wo Koller die Waren abzuholen hatte. Der Rumrechnung war außerdem das von Koller angeforderte Exemplar über die Oeconomische Benutzung des Hopfens beym Bierbraeuen um 4 Gulden und 36 Kreuzer beigefügt. 732 Mit der im Februar 1806 erfolgten Rumlieferung sandte Kießling auch gleich eine 728 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Linz (11.5.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 81; StA Steyr, Geschäfts- brief aus Linz (5.9.1808), Kasten XII, L3/4 FXXX 1–155 Nr. 82. 729 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Zell (12.10.1808), Kasten XII, L3/1 FXXVIII 1–107 Nr. 98. 730 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Vordernberg (18.7.1787), Kasten XII, L3/3 FXXVII 1–182 Nr. 81. Das soge- nannte Ailhaudische Pulver war ein sehr teures Arzneimittel, das vom französischen Arzt Jean Ailhaud erfunden wurde, wobei dieser lediglich die bereits als Abführmittel bekannte Jalape mit Kreuzdorn vermischte und den Preis anhob, damit „man sie [die Jalape, Anm. d. Verf.] nun allen Arten von Leuten vorschlagen darf, ohne sie damit zu demüthigen.“ Die Jalape war nämlich derart günstig, dass sich Ärzte davor gehütet hätten, das Purgiermittel wohl- habenden Personen zu verschreiben und sie damit zu beleidigen; siehe K RÜNITZ , Encyclopaedie, Bd. 28, 709–712. 731 N. N., „Kiessling, Johann Tobias“, in: Österreichisches biographisches Lexikon (ÖBL) 1815–1950, Wien 2003, 329, hier 329. In Nürnberg gab es gleich drei Familien, die sich unter dem Namen Kießling als Handelsleute betätigten. Johann Tobias stammte vom Nürnberger Handelsdiener Hans Kießling ab, der im 17. Jahrhundert den Grundstein für das Spezereiwarenhandelshaus seines Sohnes – Johann Wolfgang – legte; siehe S EIBOLD , Erfolg, 439–450. 732 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Nürnberg (8.1.1806), Kasten XII, L3/4 FXXI 1–142 Nr. 18. Dem Brief war im Übrigen ein Zirkular beigefügt, mit dem Johann Tobias Kießling die Aufnahme des langjährig beschäftigten Pro- kuristen Christian Friedrich Jockisch als neuen Gesellschafter ankündigte. Purgiermittel Zucker, Kaffee. Alkohol und Hopfen
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2