Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 129 - ber 1751 eine Frachtrechnung für den Transport von insgesamt 205 Pfund Wein inklusive Fäs- sern bei. BeimWein handelte es sich um die Sorten weißer Moscat (weißer Muskat), zyprischen Wein und Wein aus Alicante. 720 Anton Righettini aus Triest kündigte im Februar 1808 per Ge- schäftsbrief an, 24 Flaschen Malagawein als kleines Geschenk und Beweis seiner großen Ge- schäftsfreundschaft an Koller zu schicken. Da dazu aufgrund der von Napoleon verhängten Kontinentalsperre ein Einfuhrpass nötig war, bat er Koller darum, ihm diesen zu besorgen. 721 Weiters erhielt Koller in diesem Jahr 200 Barillen (Fässer) französischen Wein durch die Firma Jacob & Compagno aus Reims zugesandt, wobei die Bezahlung über einen Wechsel an Fries & Co. in Wien abgewickelt wurde. 722 Mit den Spezerei- und Materialwaren versorgten die Koller zum Teil auch das Gewerbe, dem sie die Eisenwaren verkauften: Über Sanzina & Suppan in Triest ließ Jakob Koller wie- derholt Geschmeidwaren absetzen – umgekehrt kaufte er von ihnen im Jahr 1787 Valonea (Knoppern) um rund 465 Gulden ein. 723 Als Knoppern bezeichnete man den Fruchtbecher meh- rerer Eichenarten aus dem levantinischen Raum, wo sie schon lange als Gerbmittel verwendet wurden. In Ungarn, Dalmatien, der Bukowina und Slawonien gesammelte Knoppern verwen- dete man in Österreich insbesondere zum Gerben des Sohlleders. 724 Verkauft wurden Valonea z. B. in Budweis, namentlich an Lorenz Knapp, der im Februar 1787 drei Fässer von Koller erhalten hatte. 725 Auch Ochsenklaue war ein vom Handwerk nachgefragter Artikel, der nach- weislich bei Franz Wolfgang Koller am Stadtplatz Nr. 14 – also Jakob Kollers Bruder – geführt wurde. Im Jahr 1777 kaufte er 1.700 Stück Ochsenbeine samt Klauen von Johann Adam Zech- meister in Pressburg. 726 Ochsenklauen wurden einerseits zum Düngen von Äckern und Wein- bergen gebraucht, kamen andererseits auch bei verschiedenen Stahl- und Eisenarbeitern zum Härten der Stahlwaren zum Einsatz (z. B. um Stangen, Rad und Getriebe einer Winde sowie die Feilen und andere eisernen Instrumente zu härten). 727 Es wäre daher möglich, dass auch 720 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Venedig (16.10.1751), Kasten XII, L3/3 FXV 1–154 Nr. 153. 721 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Triest (15.2.1808), Kasten XII, L3/3 FV 1–64 Nr. 19. 722 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Reims (12.3.1808), Kasten XII, L3/1 FXXVIII 1–107 Nr. 7. 723 Durch den Fuhrmann Johann Stadlmayr gelangte ein Fass Geschmeidwaren nach Triest, welches von dort durch Sanzin & Suppan an Mascardi in Genua übergeben wurde; siehe StA Steyr, Geschäftsbrief aus Triest (19.1.1787), Kasten XII, L3/2 FVI 1–69 Nr. 18. 724 M. B ERGMANN / H. G NAMM / W. V OGEL , Handbuch der Gerbereichemie und Lederfabrikation. Zweiter Band / 1. Teil: Die Gerbung mit Pflanzengerbstoffen. Gerbmittel und Gerbverfahren, Wien 1931, 279; Meyers, Bd. 6, Sp. 189. 725 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Budweis (19.2.1787), Kasten XII, L3/1 FXXV 1–62 Nr. 17. 726 StA Steyr, Geschäftsbrief aus Pressburg (18.3.1777), Kasten XII, L4/4 FI 1–44 Nr. 16. 727 Dazu wurde die Ochsenklaue im Backofen gebrannt bis sie völlig braun war, zu einem Pulver zerstoßen und im Verhältnis 2:1 mit Küchensalz vermischt. Für die Stangen und Räder der Winden wurde das Pulver jedoch mit Ofenruß vermischt und mit Urin benetzt; siehe K RÜNITZ , Encyclopaedie, Bd. 103, 734; Rudi P ALLA , Verschwun- dene Arbeit. Ein Thesaurus der untergegangenen Berufe, Frankfurt am Main 1994, 94. Knoppern und Ochsenklaue
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