Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 127 - Mengenmäßig stechen 775 Kilogramm Villacher Blei, 702 448 Kilogramm Baumböhl (Oli- venöl), 703 361 Kilogramm Rinderschmalz und 336 Kilogramm Röte 704 hervor. An Perlmutt- schalen hatte Koller 1.360 Stück zu einem Gesamtwert von 126 Gulden lagernd. Des Weiteren zählte er bei der Inventur 720 Cranzlraifl und 600 Flintensteine. 705 Diese Spezereiwaren kamen – ebenso wie die Textilwaren – zunächst im Warenaustausch mit Venedig, später dann mit Triest nach Steyr. Zum Beispiel sandte Francesco Colleone aus Venedig im Jahr 1724 vier Ballen Weinpör , ein Fass Gallus und Mandeln, ein Fass Feigen, Carobe und Gwandpössen (Gewandbesen) sowie zwei Fässer Öl an Koller nach Steyr. Colleone war im Gegenzug an den eussersten Preis der aldortigen Schermesser gegen geschwinde Be- zahlung interessiert, was auf Gegengeschäfte hinweist. 706 Neben weiteren in Venedig statio- nierten Geschäftsleuten war es der zuvor bereits erwähnte Giuseppe Chiesa, der diese Waren für Koller besorgte. Im November 1721 hatte Chiesa zwei Fässer Öl und ein Fass unterschied- liche Wahren über Villach nach Steyr gesandt. 707 Wenig später folgte eine Lieferung Weinpör für 116 Gulden. 708 Der venezianische Großhändler bot Koller clares Öhl v [on] Lecce (Apulien) an und konnte außerdem auch mit anderen venezianischen Waren dienen, die er für eine zwei- prozentige Provision für Koller beschaffen konnte. 709 Venedig war aber nicht der einzige Han- delsplatz, an dem Öl zu bekommen war: Im März 1723 bestellte Johann Josef Koller zwei Fäs- ser Öl bei der Firma Maria & Marchetti in Messina, die im Gegenzug ein Fass Geschmeide bestellte. Die Ware wurde als sehr guetes Öhl , welches sehr vil in Deütschland und ander Orth mehr von hier abgefirhet würde, angepriesen. Um die hohe Maut in Venedig zu umgehen, er- folgte die Lieferung auf Empfehlung Maria & Marchettis über den Freihafen Fiume 710 – was im Übrigen der einzige Fall ist, in dem neben Triest noch ein weiterer Freihafen des Habsbur- ger-Reichs von den Koller genutzt wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Triest längst zum wichtigsten Hafen in der Adria ge- worden, sodass die Koller auch dort Öl einkauften. Die Rechnung des Waagmeisters Johann 702 Villacher Blei war „die beste und reinste aller Bleisorten“, aus den Werken von Bleiberg in der Nähe von Villach stammend; enthielt kein Eisenoxyd, daher zur Herstellung von Bleiweiß geeignet; siehe Wenzel Carl Wolf- gang B LUMENBACH , Handbuch der technischen Materialwaarenkunde, Pest 1846, 728. 703 Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts wurde vermehrt Olivenöl zur Beleuchtung verwendet, was sich auch in den Transitmengen zwischen Venedig und Wien niederschlug; siehe Herbert H ASSINGER , Zur Verkehrsgeschichte der Alpenpässe in der vorindustriellen Zeit, in: VSWG – Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 66/4 (1979), 441–465, hier 457. 704 Farbstoff aus der Wurzel der Färberröte, mitunter auch Grapp oder Krapp, womit auch der aus den Kernen gewonnene Farbstoff gemeint sein kann; siehe A DELUNG , Wörterbuch, Bd. 3, Sp. 1174 f. 705 Zugerichtete Stücke Feuerstein für die Benutzung im Steinschlossgewehr, häufig aus der Picardie und der Champagne (Nordfrankreich); siehe Meyers, Bd. 6, Sp. 698; A DELUNG , Wörterbuch, Bd. 2, Sp. 212 f. 706 StA Steyr, Briefkopierbuch (1723–1724), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 6, fol. 9. 707 StA Steyr, Briefkopierbuch (1721–1723), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 1, fol. 11. 708 Ebd., fol. 19. 709 StA Steyr, Briefkopierbuch (1722–1723), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 2, fol. 15 f. 710 StA Steyr, Briefkopierbuch (1723), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 3, fol. 6 f. Größte Mengen Olivenöl Ölschiffe in Triest
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