Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 13 - des Spätmittelalters und des 16. Jahrhunderts, die in den meisten Fällen als Familiengesell- schaften organisiert waren. 18 Auch Gerhard Seibold bezeichnet die Augsburger und Nürnberger Kaufleute und Handelsgesellschaften des 17. und 18. Jahrhundert als Unternehmer, 19 ganz ähn- lich wie Wilfried Reininghaus für die märkische Stadt Iserlohn im langen 18. Jahrhundert von „kaufmännischen Unternehmen“ spricht 20 oder wie Markus Berger und Mark Häberlein die beiden fränkischen Kaufleute Jakob Friedrich Püttner und Johann Stephan Leist als Unterneh- mer bezeichnen. 21 Vorliegende Dissertation schließt sich diesen Arbeiten und der Forderung Ralf Bankens an, der sich für eine Erweiterung der Unternehmensgeschichte auf die Zeit vor 1870 ausspricht. 22 Gustav Schmoller hatte bereits 1890 die Wurzeln der modernen Unterneh- men im Mittelalter verortet. 23 1.1.1 Fragestellungen und Aufbau der Arbeit Die leitende Frage dieses Forschungsprojektes, die sich durch die gesamte Aufarbeitung der Unternehmensgeschichte zieht, ist jene nach der geschäftlichen Handelspraxis der Steyrer Kaufleute. Die Arbeit folgt daher auf übergeordneter Ebene einer thematischen Strukturierung und wird innerhalb einzelner Kapitel die dynamische Unternehmensentwicklung zwischen 1707 und 1888 abhandeln. Ein rein chronologischer Zugang erschien einzig bei der Familien- geschichte und der Entwicklungsgeschichte des Eisenwesens in den Eisenwurzen als sinnvoll. Als ins Thema einführender Zugang wurde die Rekonstruktion der Familienverhältnisse (Kapitel 2 „Die Kaufleutefamilie Koller“ ab S. 37) gewählt, da die Familiengeschichte wie in allen Familienunternehmen nicht von der Geschichte des Unternehmens trennbar ist. Der Fa- milienzyklus bestimmt daher stark die Unternehmensgeschichte, wobei von besonderem Inte- resse die Lebensdaten der zentralen Akteure/-innen, ihre Eheschließungen und Nachkommen- schaft, ihre beruflichen Werdegänge und ihre herausragenden Lebensstationen sind. Auch wel- che Rollen sowohl Männern als auch Frauen im Hause sowie im Umfeld der Koller zukamen, 18 Michael N ORTH , Kommunikation, Handel, Geld und Banken in der Frühen Neuzeit (Enzyklopädie deutscher Geschichte 59), 2. Auflage, München 2014, 25. 19 Gerhard S EIBOLD , Wirtschaftlicher Erfolg in Zeiten des politischen Niedergangs. Augsburger und Nürnberger Unternehmer in den Jahren zwischen 1648 und 1806 (Studien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben 42), Augsburg 2014. 20 Wilfried R EININGHAUS , Die Stadt Iserlohn und ihre Kaufleute (1700–1815) (Untersuchungen zur Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte 13), Dortmund 1995. 21 Markus B ERGER / Mark H ÄBERLEIN , „für Bamberg ein seltenes Phenomen“. Die Karriere des Kaufmanns Jo- hann Stephan Leist (1728–1800), in: Mark Häberlein / Michaela Schmölz-Häberlein, Hg., Handel, Händler und Märkte in Bamberg: Akteure, Strukturen und Entwicklungen in einer vormodernen Residenzstadt (1300–1800) (Stadt und Region in der Vormoderne 3 / Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bamberg 21), Würzburg 2015, 345– 364. 22 B ANKEN , Bemerkungen, 23. 23 Gustav S CHMOLLER , Über Wesen und Verfassung der großen Unternehmungen, in: Ders., Zur Sozial- und Ge- werbepolitik der Gegenwart. Reden und Aufsätze, Leipzig 1890, 372–440, zitiert nach: P IERENKEMPER , Einlei- tung, 35. Praxis des Handelns Familien- und Unternehmens- geschichte

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