Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 124 - Spitze, feiner Seidendamast, Blauballen, feine goldene und silberne Knöpfe, Barchent, 677 glän- zende Leinwand, Futter-Taffet, ein Sack Federn, silberne und goldene Spitze, messingene und zinnerne Rockknöpfe, Männer- und Frauenhandschuhe, ganz- und halbseidene Galonen, 678 Schafwolle, feine und gewöhnliche Klagbänder, Barchent-Leinwand, seidene und halbseidene Tücher, Winterhandschuhe, gedruckte gewöhnliche Leinwand, Schleier, leonische Knöpfe, Hüte und ein Paar rote Halbsocken. 679 Alleine das Textilwarensortiment war ein sehr breites, welches von unterschiedlichsten Geweben bis hin zu Knöpfen, Socken und Handschuhen reichte. Woher diese vielfältigen Waren kamen, geht aus diesem Inventar zwar nicht hervor, jedoch sind Hinweise über den Ursprung der Waren in diversen Geschäftsbriefen zu finden: Der treue Geschäftspartner Giuseppe Chiesa aus Venedig, der ein regelmäßiger Abnehmer von Kollers Geschmeidwaren (insbesondere von Messern, Angelhaken und Feilen) war, bot Johann Josef Koller in seinem Brief vom 14. März 1722 rote Baumwolle zum Kauf an: Wan etwaß vor rot- gespunnen schöne Baumwoll ablauft, belieben EE zu befehlen. 680 Im Winter 1723 erfolgte tat- sächlich eine Lieferung von rotte [r] türckhische [r] Wohl und Baumwollen – sowie Gallus – durch Chiesa an Koller. 681 Aus dem Jahr 1735 gibt es einen weiteren Hinweis auf eine Baumwoll-Lieferung über Ve- nedig, als der dort niedergelassene Geschäftspartner Calvi ankündigte, Baumwolle aus Smyrna an Koller zu liefern. 682 Rund 20 Jahre später kam die smyrnische Baumwolle bereits aus Triest, das inzwischen Venedig als wichtigsten Hafen an der Adria abgelöst hatte. Vom dort ansässigen Antonio Zingrilara hatten die Koller zehn Ballen cottone di Smirne gekauft, im Gegengeschäft lieferte Koller drei Fässer mit rasatori (Schermesser) und 1.750 Stück brittole di legnio (Ta- schenfeitel mit Holzgriff) 683 nach Triest. 684 677 Mischgewebe aus Baumwolle und Leinen (Zettel/Kettfaden aus Leinen, Eintrag/Schussfaden aus Baumwolle), in einigen Mundarten auch als „Barchet“ bezeichnet; siehe A DELUNG , Wörterbuch, Bd. 1, Sp. 730. 678 Gattung Gewebe aus Gold, Silber, Seide, Wolle oder Zwirn, die als Borten dazu dienen, Kleidung für beiderlei Geschlecht zu besetzen (verzieren). Seidene und wollene Galonen wurden von Bortenwirkern oder Posamentierern hergestellt; siehe K RÜNITZ , Encyclopaedie, Bd. 15, Fig. 812 f. 679 Es findet hier nur eine Reihung nach gerundeten Werten und nicht nach Mengen statt, da derartige Aussagen aufgrund der unterschiedlichen und im Detail nicht bekannten Längen einer Tuch- bzw. einer Leinwand-Elle nur schwer möglich sind. Darüber hinaus wurden die Mengen nicht nur in Ellen (Längenmaß), sondern auch in Stück (Längenmaß), Pfund (Gewichtsmaß) und Paar (Zählmaß) angegeben; siehe StA Steyr, Inventar und Quartalsbi- lanzen (31.12.1712), Kasten XII, L4/3 FIV 1–27 Nr. 19. 680 StA Steyr, Briefkopierbuch (1722–1723), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 2, fol. 1 f. 681 StA Steyr, Briefkopierbuch (1723–1724), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 5, fol. 6 f. 682 StA Steyr, Briefkopierbuch (1735–1736), Kasten XII, L2 FIV 1–9 Nr. 8, fol. 15. 683 „Brittole ordinarie“ waren „gemeine Messer (Taschenfeiteln)“; siehe N. N., Einfuhrtarif für den österreichisch- ungarischen Handel im ottomanischen Reiche. Vereinbart zwischen dem k. und k. Gesandten in Konstantinopel und der hohen Pforte, Wien 1872, 7. Die Taschenfeitel wurden in Kleinhämmern im Trattenbachtal bei Ternberg hergestellt und in alle Länder versandt; siehe A LTZINGER , Entwicklung, 10. 684 StA Steyr, Rechnung aus Triest (29.3.1753), Kasten XII, L4/4 FII 1–19 Nr. 9. Baumwolle über Venedig Baumwolle über Triest
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2