Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 112 - 3.2.2 Die Koller als Arbeitgeber/-innen Natürlich konnte ein so umfangreiches Verlags-Handelshaus wie jenes der Koller nicht von einer Einzelperson in Form der zentralen Unternehmerfigur aufrechterhalten werden. In so ei- nem Fall wurde der/die Prinzipal/-in von einer oder mehreren Hilfspersonen unterstützt, die in Lehrlinge und Ausgelernte unterschieden wurden. 604 Der Salzburger Kaufmann Franz Anton Spängler und seine Gesellschafter z. B. hatten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zwi- schen drei und fünf Handelsbediente angestellt, wobei noch auswärtige und zeitweilige Helfer hinzukamen. 605 Neben dem ausgebildeten Personal und etwaigen Gesellschaftern/-innen unter- stützen auch die Familienmitglieder die Arbeit in der Handlung. Da sich die Sphären „Haus- halt“ und „Handlung“ bei vorindustriellen, familial geführten Handelshäusern nicht eindeutig trennen lassen, werden im Folgenden sowohl die kaufmännischen Angestellten der Handlung als auch das häusliche Personal besprochen. 3.2.2.1 Kaufmännisches Personal: Lehrlinge und Handelsbediente Der früheste Hinweis auf kaufmännisches Personal im Koller-Unternehmen stammt aus dem Jahr 1716 und belegt den bereits erwähnten Bedienten Johann Friedrich Winterl. 606 Dieser stammte aus einer bekannten Eisengewerken-Familie aus Wildalpen (Bezirk Liezen, Steier- mark) und war der Sohn von Matthias Ferdinand Winterl (gestorben 1743). 1716 beantragte Johann Friedrich Winterl das Bürgerrecht auf die Tuch-, Seiden- und Spezereiwarenhandlung, unter der Voraussetzung, dass er sich innerhalb eines halben Jahres ein Haus kaufe. 607 Ab 1722 bis zu seinem Tod im Jahre 1748 war er am Stadtplatz Nr. 12 niedergelassen, welches ihm und seiner Frau Theresia (geb. Schoiber von Englstain) gehörte. 608 Auch Lehrlinge sind belegt, wenn auch nur sehr spärlich. Eine Besonderheit im Koller-Ar- chiv stellt der einzig überlieferte Lehrvertrag dar, der die Bedingungen eines sechsjährigen Ar- beitsverhältnisses zwischen Franz Gottfried Haslinger aus Ybbs (Niederösterreich) und Johann Josef Koller festhielt. Beim Lehrjungen handelte es sich um den Sohn des Ybbser Stadtschrei- bers Franz Karl Haslinger und seiner Frau Maria Anna (geborene Zieglerin). Zum Zeitpunkt 604 M AY , Versuch, 15. 605 Über die kaufmännischen Bedienten siehe Doris H ÖRMANN , „Für Raiß Unkosten des Bedienten Antoni.“ Die Haushaltsbücher und das Hauptbuch der Tuch- und Seidenhandlung, in: Reinhold Reith u. a., Hg., Haushalten und Konsumieren: Die Ausgabenbücher der Salzburger Kaufmannsfamilie Spängler von 1733 bis 1785 (Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg 46), Salzburg 2016, 165–177. 606 StA Steyr, Beschwerdebrief (15.1.1716), Kasten XII, L1 FI 1–108 Nr. 5. 607 StA Steyr, Stadtratssitzung (22.1.1716), Regal 1, Stadtratsprotokolle, Bd. 123 (1716), 21 r. 608 Anton von P ANTZ , Die Gewerken im Bannkreise des steirischen Erzberges (Jahrbuch der kais. kön. heraldischen Gesellschaft „Adler“ 27 u. 28), Wien 1917/18, 384–386; K RENN , Häuserchronik, 73. Bei Krenn heißt es, dass Winterl 1709 die Eisen-, Geschmeid- und Messerhandlung seines Schwiegervaters Johann Jakob Schoiber von Engelstain übernahm, was Winterls Tätigkeit als Bedienter Kollers im Jahre 1716 widerspricht. Bedienter Winterl Lehrvertrag mit Haslinger
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