Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 11 - Für solche unternehmensähnlichen Wirtschaftseinheiten vom 12. bis zum 19. Jahrhundert schlägt Ralf Banken den Begriff der „Protounternehmen“ vor. Unter diesen Protounternehmen waren es vor allem die seit dem 12. Jahrhundert aufkommenden italienischen Fernhandelsleute und Banken, die oberdeutschen Handelshäuser und Handelsgesellschaften des 14. bis 16. Jahr- hunderts (z. B. die Ravensburgische Handelsgesellschaft, die Fugger und die Welser) sowie die frühen Aktiengesellschaften im Kolonialhandel (z. B. die Verenigde Oostindische Compagnie oder die East India Company), die von der Unternehmensgeschichtsschreibung besonders in- tensiv untersucht wurden. Protounternehmen sind als Hybride zwischen traditionellen und mo- dernen Elementen schwer einzuordnen, jedoch lassen sich bei ihnen einige Merkmale – so Ban- ken – feststellen, wie die häufig anzutreffende institutionelle Privilegierung bzw. ständische Verankerung, das Fehlen einer rationalen Rechenhaftigkeit und Kapitalrechnung, die hierarchi- sche Koordinierung der wirtschaftlichen Transaktionen, die zentrale Kontrolle des Produkti- onsprozesses, die klare Trennung von Disposition und Ausführung, die verstärkte Arbeitstei- lung und die meist verwandtschaftlich geprägte Organisation, die durch Subcontracting, Out- sourcing und Agents möglichst einfach und schlank gehalten wurde. 11 Nach dieser Einschätzung Ralf Bankens würde das Koller-Handelshaus einem „Protounter- nehmen“ entsprechen. Weitere Charakteristika von Unternehmen beschreibt der Analyserah- men Florian Triebels und Jürgen Seidls, der zum Ziel hat, das „Phänomen ‚Unternehmen‘ in seiner jeweiligen Zeit und seiner Welt“ zu verorten: „Unternehmen entwickeln als Akteure im Wirtschaftsleben unternehmerische (Ge- schäfts-)Ideen und setzen sie in Form von Produkten und/oder Dienstleistungen unter Verwendung geeigneter Produktionsmittel um. In der Regel entwickeln sie hierzu for- male Organisationsstrukturen und bedienen sich der Arbeitskraft von Mitwirkenden mit Entgeltanspruch. Hierbei ist der Grundsatz der Gewinnmaximierung zunächst unerheb- lich, Unternehmen können auch aus anderen Motiven heraus gegründet werden und als Akteure am Wirtschaftsleben teilnehmen.“ 12 Diese Merkmale von Unternehmen lassen sich sowohl auf vorindustrielle wie auch auf mo- derne Organisationsformen übertragen und schließen den Dienstleistungssektor nicht aus, wo- bei die Autoren ihr Modell flexibel halten und einräumen, dass nicht immer alle Charakteristika bei Unternehmen anzutreffen sein müssten. 11 Ralf B ANKEN , Die Entstehung des modernen Unternehmens: Einführende Bemerkungen, in: Ralf Banken, Hg., Die Entstehung des modernen Unternehmens 1400–1860 (Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2), Berlin 2012, 9– 24, hier 14 f. 12 Florian T RIEBEL / Jürgen S EIDL , Ein Analyserahmen für das Fach Unternehmensgeschichte, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte / Journal of Business History 46/1 (2001), 11–26, hier 16. Protounter- nehmen Merkmale von Unternehmen
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