Eisenhandel im vorindustriellen Steyr
- 102 - regionalen Produktion aus. Die Kaufleute vermittelten nicht nur die regional produzierten Güter auf entfernte Absatzmärkte, sondern waren häufig darüber hinaus auch für die Be- lieferung der kleinen Warenproduzenten mit Rohstoffen und Vorprodukten verantwort- lich.“ 566 Entsprechend der Typologisierung der vorindustriellen Kaufmannschaft Stefan Gorißens lassen sich die Koller den „Verleger-Kaufleuten“ zuordnen. Sie koordinierten dezentral das heimgewerbliche Exportgewerbe, indem sie „die regional hergestellten Gewerbeprodukte an Fernhandelskaufleute“ in den großen Verkehrs- und Messezentren absetzten, zugleich aber die Produzierenden mit den benötigten Rohstoffen versorgten. Die übrigen drei Typen waren jene der „Nur-Kaufleute“, die sich exklusiv mit dem Güterabsatz beschäftigten und keinen Anteil an der Produktion hatten (z. B. Fernhandelskaufleute, Krämer, Hausierer, Wanderhändler), jene der „Manufaktur-Unternehmer“, die Manufakturen betrieben und sich auch um die Vermark- tung der dort hergestellten Produkte kümmerten, und schließlich jene der „Fabriquen“-Kauf- leute, die größere Investitionen in Produktionsanlagen wie Hütten- und Hammerwerke (auch „Fabriquen“ genannt) tätigten und sich um die Vermarktung der dort produzierten Güter küm- merten, mitunter auch als Verleger agierten. 567 Bei den Koller sind keine größeren Investitionen in Produktionsanlagen nachzuweisen und sie engagierten sich höchstwahrscheinlich nur über den Verlag im Produktionssektor. Welche Ausbildung und welche Fähigkeiten solche Verleger- Kaufleute mitbringen mussten, um dauerhaft erfolgreich zu sein, und wie das Unternehmen personell aufgestellt war, sind Themen des folgenden Kapitels. 3.2 Organisation und Personal 3.2.1 Ausbildung und Fähigkeiten der Koller-Kaufleute Dem Koller-Unternehmen standen in seiner gesamten Lebensdauer fünf Unternehmens-Inha- ber/-innen vor, die als Prinzipale/-innen sämtliche Geschäfte leiteten: Auf den Gründer Johann Josef Koller folgte 1742 dessen Witwe Maria Elisabetha, die von ihren drei Söhnen unterstützt wurde. Der jüngste von ihnen – Jakob – trat 1773 in die Fußstapfen seiner Mutter und führte das Unternehmen bis zur Übernahme durch dessen Sohn Josef 1798 fort. In der letzten Unter- 566 G ORIßEN , Handelshaus, 32. 567 Ebd., 370–373. Vier Typen von Kaufleuten Unternehmer/ -innen
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