Eisenhandel im vorindustriellen Steyr

- 10 - bearbeitet werden“, sondern unter hohem Druck gefällt werden. 5 Aus diesem Grund wurde in den Ausführungen weitestgehend auf den Begriff der „Strategie“ verzichtet und der Blick auf das Ergebnis – die ausgeübte Handelspraxis – gerichtet. Der Titel dieser Arbeit verspricht eine „Unternehmensgeschichte“, wenngleich keine von Ökonomen/-innen und Wirtschaftshistorikern/-innen vorgeschlagene Definition eines „Unter- nehmens“ für ein Handelshaus in der vorindustriellen Zeit zufriedenstellend war. Eine These definiert Unternehmen z. B. nur dann als solche, wenn sie in „liberale, über Marktbeziehungen gesteuerte Wirtschaftssysteme“ eingebettet sind, was die Verwendung für die Vormoderne aus- schließt. Unterstützt wird diese Auffassung durch den begriffsgeschichtlichen Befund, dass das Wort „Unternehmen“ erstmals 1808 in der deutschen Übersetzung des „Code de Commerce“ Napoleons nachgewiesen ist. Die meisten Begriffsbestimmungen blenden die vorindustrielle Zeit aus und fokussieren auf produzierende Betriebe oder meinen gar Organisationseinheiten nach modernen Maßstäben, sodass es bis heute keine „trennscharfe, weithin akzeptierte Defi- nition“ des Begriffs „Unternehmen“ gibt. 6 Frühe wirtschaftliche Organisationen waren „durch korporative Zwänge, kommunale Vorschriften und obrigkeitliche Einschränkungen geprägt“ und stellen laut Toni Pierenkemper noch keine Unternehmen dar. 7 Für die Entstehung moderner Unternehmen werden also prinzipiell „freie“ Märkte als eine wesentliche Voraussetzung ge- nannt. 8 So ist auch Christian Kleinschmidt der Ansicht, dass es im 18. Jahrhundert noch keine Unternehmen gab und reduziert den Unternehmens-Begriff im Wesentlichen auf Fabriken. 9 Werner Plumpe stellte sich die Frage, ob Organisationsformen vor 1800, die das Verlagssystem nutzten, als Unternehmen zu bezeichnen sind und gestand sich schließlich ein, dass „große Handelshäuser und Verlage dem modernen Unternehmenstypus noch am nächsten“ kämen. 10 5 Werner P LUMPE , Die Unwahrscheinlichkeit des Jubiläums – oder: Warum Unternehmen nur historisch erklärt werden können, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte / Economic History Yearbook 44/1 (2003), 143–156, hier 153. 6 Stefan G ORIßEN , Unternehmen, in: Enzyklopädie der Neuzeit 13, Stuttgart u. a. 2011, 1077–1083, hier 1077. 7 Toni P IERENKEMPER , Einleitung. Unternehmensgeschichte – Perspektiven und Analyseansätze, in: Toni Pieren- kemper, Hg., Unternehmensgeschichte (Basistexte Geschichte 7), Stuttgart 2011, 7–52, hier 10–11. Das kann für das Innerberger Eisenwesen gelten, welches seit den Eisenordnungen Friedrichs III. zur Mitte des 15. Jahrhunderts in allen Details genauestens geordnet war: Die herrschaftlichen Regelungen betrafen „Produktion und Absatz, Zahl und Größe der Hämmer, Höhe der Löhne und Preise, Ausmaß und Zuordnung der Gebiete für die Holz- und Lebensmittelversorgung (Widmungsbezirke), zulässige Straßen, Legorte und Absatzgebiete.“ Siehe Roman S AND- GRUBER , Die Eisenwurzen und die europäische Bedeutung der österreichischen Eisenerzeugung, in: Anton Eggen- dorfer / Willibald Rosner, Hg., Waidhofen an der Ybbs und die Eisenwurzen: Die Vorträge des 18. Symposions des Niederösterreichischen Instituts für Landeskunde Waidhofen an der Ybbs, 6. bis 9. Juli 1998 (Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde 32), St. Pölten 2004, 11–31, hier 17. 8 P IERENKEMPER , Einleitung, 10. 9 Christian K LEINSCHMIDT , Weltwirtschaft, Staat und Unternehmen im 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Protoin- dustrialisierungsdebatte, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte / Journal of Business History 1 (2002), 72– 86, hier 80. 10 Werner P LUMPE , Unternehmensgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert (Enzyklopädie deutscher Geschichte 94), Berlin 2018, 8. War das Koller- Handelshaus ein „Unternehmen“?

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