Die oberösterreichische Messerindustrie

88 Die "Blaupließtscheibe" (aus Solingen kommend) stellt sich als eine Holzscheibe dar, die auf beiden Seiten mit 4 cm starkemWalrossleder bezogen und mit feinem Schmirgel beleimt ist. Zum Unterschied von den vorhin erwähnten Polierarten, vollzog sich das Blaupließten seinerzeit seitwärts an den Polier- scheiben, um die ganze Klingenfläche zu treffen. Der Arbeiter presste die im Polierholz eingelegte Klinge, den Rücken nach oben, an die Seitenfläche der Blaupließtscheibe und zog diese gleichmäßig bis ans Klingenende. Dadurch entstand eine eigen- tümliche, blau erscheinende polierte Klingenfläche, die als Endausführung noch heute gebräuchlich ist. dd.) Das Klingenglänzen nach Solinger Art: An das Feinpolieren konnte an Stelle des Blaupließten eine feinere Finishausführung angeschlossen werden, die geglänzte Klinge. aaa.) Das Vorglänzen: Die Polierscheiben, die an der Stirnseite mit weichem Leder bezogen waren, wurden ohne Verwen- dung von Schmirgel mit Polierrot, welches in Wasser und Spiritus aufgelöst worden war, bestrichen. Hierauf presste der Arbeiter die in Holz eingelegte Klinge ständig mit leichtem Druck in vertikaler Be- wegung an die rotierende Scheibe. bbb.) Das Ausglänzen: Denselben Arbeitsprozess wiederholte man mit feinerem Polierrot, wodurch der Finish-Hochglanz entstand. Um auch Ansatz-Rücken und allenfalls Fassette einer Klinge auf Hochglanz zu bringen, wurde mit Hilfe einer eigenen Glänzpaste auf rotierenden Filzscheiben geglänzt. 3. Das Abziehen der Klingenschneide: Der Arbeiter führte in schräger Haltung die Klinge von beiden Seiten an die rotierende Schleif- scheibe, wodurch eine gleichmäßige, scharfe Schneide entstand . 1 e.) Das Zeichnen: Mittels einer Handspindelpresse prägte man das entsprechende Firmenzeichen in die Klinge wodurch diese verkaufsfertig wurde. f.) Beheftung und Beschalung: Von grundlegender Bedeutung erscheint hiebei der Unterschied zwischen Spitz- und Breitangelklin- gen, der bereits eine detaillierte Darstellung erfuhr. Für die Beschalung verwendete man Flach- oder Breitangelklingen, für die Beheftung Spitzangelklingen. Der Arbeitsvorgang, welcher früher dem alten Handwerk der Messerer oblag, erfuhr bis zu Beginn des ersten Weltkriegs keine wesentliche Veränderung. Als Beschalungs- und Beheftungsmaterial diente heimisches Holz, zum Teil gefärbt, ausländisches Edelholz, Rinderknochen und Hirschhorn. Messer mit Hirschhorngriffen, sog. Knicker, zählten zu den beliebtesten und begehrtesten Artikeln unserer Branche, sie fanden und finden im In- und Ausland reichlichen Absatz. Erst später, nach 1920, wurden auch Beheftungs- und Beschalungsarbeiten maschinell durchge- führt. Die Bohrung für den Angel und für die Vertiefung der Rosetten (Rosette: runde Scheibe aus Messing oder Packfong zur Befestigung der Nieten) erfolgte nicht mehr mittels Handbohrer, sondern maschinell. Ab 1930 bewirkte das Aufkommen der Kunststoffe für Hefte und Schalen eine wesentliche Änderung in der Fertigung — Kunstharzpressen erlaubten eine rasche und farbenprächtige Griffherstellung. D. Die Gabelerzeugung: Die zu den Messern gehörigen Gabeln wurden in Österreich bis zu dem Jahre 1910 handgeschmie- det, insbesondere im Kleinramingtale, oder von Deutschland, gesenkgeschmiedet im rohen Zustand bezogen. 1 Laut Mitteilung Hr. Dir. Josef Hack sen. Steyr

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