Die oberösterreichische Messerindustrie

85 Zeit nach dem ersten Weltkrieg, als die Zerstörung des altehrwürdigen Staatengebildes die gesamte heimische Wirtschaft in die größte Krise seit ihrem Bestehen stürzte. C. Die Messerherstellung: Bei der Betrachtung der maschinellen Messererzeugung in den ersten österreichischen Messerfab- riken erscheint es wesentlich, neuerlich auf die Bedeutung des aufkommenden konischen Stahls zu verweisen, der eine Schneidwarenerzeug ohne Schmiedeoperation erlaubt. Etwa seit dem Jahre 1900 tritt uns eine gewisse Doppelgleisigkeit in der Produktion entgegen, je nachdem ob normaler Klingenstahl oder einfach bzw. doppelkonischer Stahl verwendet wird. Die Darstellung des Werdens einer geschmiedeten und einer sog. geschnittenen Klinge (konischer Stahl) erfolgt, sofern die Arbeitsprozesse auseinanderlaufen, getrennt. a.) Geschmiedete Klingen: Als Ausgangsmaterial fand sog. Flachstahl Verwendung, der in Stangen-von 3 - 4 m Länge, gebün- delt in Buschen zu je 50 kg, von der Alpine-Montangesellschaft bezogen wurde. Das Querschnittsver- hältnis Höhe zur Breite einer solchen Stange betrug 10 zu 16, 10 zu 18, und 12 zu 20 mm. Nun folgt die Darstellung der einzelnen Arbeitsvorgänge: 1. Das Spalten: Als erster Arbeitsvorgang erscheint das sog. Spalten. Darunter versteht man das Abschneiden des Stahls von der Stange jeweils für ein Stück Klinge auf einer Exzenterpresse (50 Tonnen Druck). 2. Das Einschlagen auf Fallhämmer: Die so abgespaltenen Stahlstücke wurden in einem mit Koks gefeuerten Ofen zu jeweils 8-10 Stück eingelegt und bis zu 900 Grad C. auf Gelbglühhitze angewärmt. Mit Feuerzangen legte man die erhitz- ten Stücke auf einen Brettfallhammer, woselbst die Stahlteile mit ca. 300 - 400 kg per Gewicht im Gesenk durch 2 Schläge eingeschlagen wurden. (Ein Schmiedegesenk besteht aus bestem gehärteten Stahl, in welchem die zu schmiedenden Formen vertieft angebracht sind). Durch diesen Schmiedevor- gang erfolgte lediglich die Formung des Angels und des Ansatzes (Angel: Teil der Klinge, der zum Be- festigen des Griffs vorgesehen ist, Ansatz: jener Teil der Klinge, auf dem das Heft aufsitzt) Die überflüs- sige Menge Stahl wurde zu einem sog. ca. 0.8 cm starken Grat ausgeschlagen. 3. Das Klingenstrecken: Unter einem sog. Schwanzhammer (Vorgänger der modernen Klingenwalze) wurde das beim Schmieden verbliebene Stück der Spalte unter raschen Schlägen (300 pro Minute) im erwärmten Zu- stand auf die nötige Klingenlänge ausgestreckt. 4. Das Klingenbreiten: Auf dem gleichen Hammer erfolgte das Breiten der eben gestreckten Klinge und zwar so, dass der Rücken der Klinge eine Stärke von 1 - 2 mm, die Schneide eine Stärke von ca. 0.8 mm erhielt . 1 5. Das Gratstanzen: Auf einer kleinen Exzenterpresse wurde auf einem sog. Abgratschnitt der beim Einschlagen ent- standene, ca. 0.8 cm dünne Grat von dem Angel und dem Ansatz weggeschnitten. 6. Das Formstanzen: Mittels einer größeren Exzenterpresse stanzte man die gebreitete Klinge auf einem Formschnitt in einem Druck auf die gewünschte Klingenform. 7. Das Angelstrecken: Darunter versteht man die Ausstreckung des Klingenangeln auf die erforderliche Länge (ca. 10 cm) mittels eines sog. Angelhammers. 8. Das Weichrichten: Auf einem Amboss erfolgte mit Handhammer das sog, Weichrichten, d.i. das Geraderichten der durch das heiße Schmieden teilweise gekrümmten Klingen und Angeln. 1 Allgemeine Rekonstruktion der Arbeitsvorgänge nach mündl. Mitteilung durch Hr. Dir. Josef Hack sen., Indust- rieller Steyr.

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