Die oberösterreichische Messerindustrie

81 Um die eigenen Erzeugnisse und die der heimischen Messerindustrie dem Welthandel leichter zu- gänglich machen zu können, errichtete Ignatz Bandl schon im Jahre 1859 eine Niederlage in Wien, die über 70 Jahre hindurch dem kommerziellen Verkehr diente. Im Jahre 1866 ging die Firma durch Erbschaft an Herrn Johann Zwatz und im Jahre 1885 an dessen Neffen, Herrn Matthäus Garstenauer und Josef Radmoser über. Letztere waren bereits seit dem Jahre 1867 treue Mitarbeiter des Unternehmens. Infolge der stets fortschreitenden Entwicklung der Firma trat dieselbe im Jahre 1900 mit dem Inhaber einer zweiten Messerfabrik in Neuzeug, Herrn Josef Pessl, in näheren kommerziellen Kontakt. Sine Interessengemeinschaft ging der völligen Fusion voran, die im Jahre 1909 vollzogen wurde. Herr Josef Pessl trat als offener Gesellschafter der Firma Ignatz Bandl bei, ebenso die Herren Josef Garstenauer und Josef Hofmeister in Wien. Unter der zielbewussten Leitung dieser Gesellschafter und durch deren unermüdliches Streben nahm das Unternehmen einen bedeutenden Aufschwung. Be- günstigt wurde diese Entwicklung, wie schon ausgeführt, durch den Niedergang des alten Messerer- handwerks, welches viele branchenkundige Facharbeiter zurückließ, die der aufstrebenden Industrie eine wertvolle Stütze waren. Im Gegensatz zu Steyr, wo die neu entstandene Waffenfabrik wie ein Brennspiegel all diejenigen anzog, die sich in der Großindustrie hohe Löhne und gesteigerte soziale Fürsorge erhofften . 1 e.) Otto Christ, Neuzeuger Messer- & Stahlwarenfabrik in Neuzeug. Unmittelbar an die Erzeugungsstätten der Firma Ignatz Bandl grenzten die Fabriksobjekte der Mes- serfabrik Otto Christ, welche im Jahre 1894 durch Herrn Otto Christ sen. gegründet wurde. Derselbe erwarb durch Kauf die von Herrn Carl Almeroth nach Solinger Art eingerichtete Klingenschlägerei in Neuzeug. Aus ganz kleinen Anfängen entwickelte sich dieses Unternehmen rasch. Zielbewusste Führung, em- sige Arbeit und das Bestreben, stets das Beste zu liefern, führten das Werk zu bedeutender Größe. Schon Ende 1894 vergrößerte Herr Christ das Werk durch Aufbau eines Stockwerks, im Jahre 1900 entstand ein moderner Zubau, moderne Maschinen aus Deutschland erhöhten die Schlagkraft dieser Firma . 2 Nebst der Erzeugung von Messerwaren, deren Hauptabsatzgebiete die Firma außer in der alten Monarchie im Orient und Übersee durch zweckentsprechende Organisation gefunden hatte, richtete sich das Unternehmen auch zur Erzeugung von Sporerwaren für Armeeausrüstungen ein, so dass sel- bes bei Ausbruch des Krieges im Jahre 1914 unter das Kriegsleistungsgesetz gestellt wurde. Es wurden hauptsächlich, außer Mannschaftsesszeugen, bedeutende Lieferungen in Steigbügeln, Karabinerhaken, Reitstangen und Beschirrungsteilen, Ponton-Rudergabeln und Pionierkrampen an die Heeresverwaltung zur Ablieferung gebracht. Während des 1. Weltkriegs beschäftigte die Firma Otto Christ mehr als 250 Arbeiter, deren sukzes- sive Rückführung in normale Friedenswirtschaft das Unternehmen vor große Aufgaben stellte. f.) Franz Pils Söhne, Messer- und Stahl- Warenfabrik, Sierning b. Steyr. Seit Jahrhunderten findet wir Träger des Namens Pils in der heimischen Schneidwarenerzeugung. Es war ein harter und steiniger Weg, den dieses alte Messerergeschlecht aus Steinbach zu bewälti- gen hatte. Ein Blick auf die Menschen, die vor mehr als 300 Jahren als Zech- und Viermeister der Steinbacher Messerer-Innung vorstanden, vermittelt uns die Bekanntschaft mit den Vorvätern der heutigen Indust- riellenfamilie Pils. Bereits im Jahre 1616 war ein Meister Hans Plis mit der Wahrung der Rechte der Steinbacher Messerer betraut . 3 Immer wieder taucht im Ablaufe einer bewegten Geschichte, wie sie unsere Heimat erleben musste, der Name Pils auf. Wohl untrennbar verbunden mit der Darstellung das Werdegangs der oberösterreichischen Messererzeugung. "Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen" so kündet uns Goethe und nichts könnte treffender Geist und Mentalität der Familie Pils kennzeichnen, der es immer wieder 1 a.a.O., Österreichs Industrie, Bd. 1, O.Öst., S. 118. 2 a.a.O., Österreichs Industrie, Bd. 1, O.Öst., S. 120. 3 Unterhaltungsbeilage der "Steyrer-Zeitung", 13. Sept. 1951.

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