Die oberösterreichische Messerindustrie

64 bereits auf dem Wege in das eigentlich Verkaufslokal, das sog. Bürgerspital, die Ware zu erwerben . 1 Einer überbot den anderen im Preis, es war eine gute Zeit für die Klingenschmiede. Da klopfte und hämmerte es im ganzen Ramingtale bis hinauf auf die Hänge des Dambergs von 4 Uhr früh bis 7 Uhr abends mit Emsigkeit und Fleiß. Fleißige Gesellen arbeiteten noch spät in die Nacht hinein für "Trink- geld", welches als Sparpfennig fürs Alter hinterlegt wurde. Wenn die Schmiede gut lebten, dann profi- tierten davon viele andere Gewerbe. Wie lebhaft ging es auf den Straßen nach Steyr zu, wo ein Kohlen- , Holz - und Steinfuhrwerk dem anderen folgte. Die Frauen transportierten mit Kopf- und die Jungen mit Buckelkörben die eingepackten Stahl- und Eisenwaren in die Stadt. Der Verkehr aus und in die Raming war so lebhaft, dass der Volksmund dieses Tal den "Leirergraben" nannten (Leirer- ruhelose Seelen). An den Jahrtagen der Klingenschmiede und an sonstigen Feiertagen, deren es damals nicht wenige gab, ging es immer hoch her. Lustiger Sang ertönte und manche tollen Streiche wurden aufgeführt von den allzeit zu Scherz und Tanz aufgelegten Klingenschmiede. 2 Um das Jahr 1824 wurde bei der Raminger Klingschmied-Innung eine Kranken-Bruderschaft gegrün- det, weiche für die Mitglieder im Krankheitsfalle den Arzt und die Medikamente bezahlte. Jedes Mit- glied zahlte wöchentlich 2 kr sog. Scheingeld. Wir erleben also im kleinen Rahmen eine Art Meisterkrankenkasse. Dieser Verein löste sich 1856 auf. Ein Jahr später wurde er von Meistern und Gesellen gemeinsam errichtet, um sich 1874 abermals aufzulösen. Nun wurden eigene Vereins-Statuten entworfen, die von der k.k. oö. Statthalterei am 10. Oktober 1874 gebilligt wurden. Der Raminger Klingenschmiede-Krankenverein ging später mit dem Handwerk zu Grunde . 3 Bis zu den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts währte dieser letzte Aufschwung im Handwerk, dann machte sich seine Handlung bemerkbar, die nur allzu rasch den gänzlichen Untergang bringen sollte. Durch das Aufkommen der Fabriken wurde diesem alten Gewerbszweig das Totenglöcklein geläu- tet. Eine Esse nach der anderen verlosch, allmählich trat Ruhe ein in dem früher so lauten Tale und nichts war mehr imstande, den Untergang zu verhindern. 1894 bestanden in Kleinraming nur mehr neun und in der Ortschaft Unterwald zwei Klingen- schmiede. Es war nicht so, dass die Schmiede sofort kapituliert hätten, im Gegenteil, durch Mehrarbeit Wurde versucht, dem Lauf der Zeit entgegenzutreten, doch es war ein vergebliches Bemühen. Zahlrei- che Hilfsaktionen versuchten ohne Erfolg, dem uralten Handwerk Hilfe zu bringen. In der Sitzung der oberösterreichischen Handelskammer am 6. November 1902 wurde der Werks- genossenschaft der Messer- und Gabelschmiede in Kleinraming ein Darlehen von 1.000 Kronen und außerdem eine Subvention von 200 Kronen bewilligt. 4 Auch das war umsonst. In den ersten Messerfabriken wurden die Klingen bereits auf maschinelle Weise hergestellt. In So- lingen, dem Mittelpunkt der deutschen Messer- und Klingenerzeugung, ging man rascher mit der Zeit. Es mag eine Fügung des Schicksals sein, dass es vielleicht Nachkommen der in der Zeit der Gegenre- formation ins Rheinland ausgewanderten Raminger Schmiede waren, die durch ihre Leistung und ihr Können der österreichischen Erzeugung den Garaus machten. Angeblich soll die berühmt gewordene Solinger Messerindustrie ihrem Ursprung nach tatsächlich von Steyr Messerern gegründet worden sein, was insofern nachgewiesen wurde, dass Solinger Messerindustrielle imMeisterbuche der Steyrer Messererinnung die Namen ihrer Vorfahren fanden. Einige Schmiede arbeiteten noch einige Jahre, um 1907 schloss der letzte Klingenschmied Beinhackl am Damberg seine Werkstatte für immer. Der letzte Inhaber, Grünwald, zog mit einem Sohn in die Stadt Steyr, wo er bei der Firma Hack als Geselle Aufnahme fand, bei der der Sohn noch heute in sei- nem fünfzigsten Dienstjahre tätig ist. Kein Klingen der Hämmer stört, nun die friedliche Stille des Dambergs, kein Rauch der vielen Essen zieht zum Himmel. Verklungen ist der alte Zunftspruch: "Lehre mit Lust, was du gelernt hast". Eine 1 a.a.O., Rolleder, S. 461. 2 Harrer Franz : "Verlassene Werkstätten im Ramingtal", Verlag J. Wimmer, Lins. S. 5. 3 a.a.O., Schoiber, S. 71. 4 a.a.O., Harrer, S. 6.

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