Die oberösterreichische Messerindustrie

60 Luxemburg und Lothringen ausgewertet werden. Österreich errichtete ein Thomaswerk in Kladno in Böhmen. 2 Erfindungen waren es, die den Bedarf an Qualitätsstahl neuerlich steigerten. Die Erfindung des Verbrennungskraftmotors und die industrielle Anwendung der Elektrizität, die den Bau von Motoren, Transformatoren, Heizkörpern etc. brachten. Zugleich wurde die Großerzeugung elektrischer Energie möglich, die für das Schmelzen und Raffinieren von Stahl an Stelle der bisher verwendeten Heizquellen herangezogen werden konnte. Sog. Elektrostahl wurde erzeugt . 1 Die Entwicklung der Eisen- und Stahlbereitung in Österreich litt lange Zeit unter der großen Zersplit- terung in Gewinnung und Verarbeitung dieser Grundelemente einer modernen Industrie. Das Eisen- wesen nördlich des Erzbergs — die Innerberger Hauptgewerkschaft — und südlich — die Vordernber- ger Radmeister Communität — war nicht einheitlich gesteuert, es fehlte die große Konzeption, die nötig gewesen wäre, um den Anschluss an das rasch vorwärtsstürmende Ausland zu finden, bis dann die Alpine-Montan-Gesellschaft die nötigen Voraussetzungen schuf. Immerhin wurden zu Beginn des vorigen Jahrhunderts in Hieflau bereits große Hochöfen errichtet, die mit einer Schachthöhe von 12 Meter beispielgebend waren. Die Erfindung des Puddelprozesses bewirkte für das alpenländische Eisenwesen eine starke Verän- derung. Mit dem Bau der Puddelöfen 1830 in Frantschach, 1832 in Prävali, 1836 in Neuberg und gleich- zeitig in Donawitz, dann in Krieglach, Zeltweg, Eibiswald, Krems, bei Köflach und Pichling, basierend auf der steirischen Kohle, ergab sich ein starkes Übergewicht des Vordernberger Eisens . 2 Der Krieg des Jahres 1866 brachte für das Innerberger Eisenwesen eine weitere Verschlechterung des Absatzes, weil der Verkauf nach Deutschland, erschwert wurde. Im Gegensatz dazu führte die Einführung des Bessemer-Verfahrens im steirischen Gebiet (Turrach) zu neuem Auftrieb. Im staatlichen Hüttenwerk Neuberg, welches auf den Raxerzen basierte, begann in den 60 er Jahren des vergangen Jahrhunderts der große Aufstieg. Siemens-Martin-Öfen ergaben höchstwertige Stähle. Entscheidend für das alpenländische Eisenwesen war der Ausbau der Bahnen in Mitteleuropa. Bis dahin war es unserer Eisenindustrie aus Transportgründen nicht möglich, das Roheisen auf Koksbasis herzustellen, es wurde zur Gänze mit Holzkohle erblasen. Mit dem Einbruch des im Wittkowitzer und Kladnoer Raum (Thomas-Verfahren) bereits auf der Kokskohle erzeugten Eisens und Stahles, ging für das alpenländische Eisen ein Großteil des Absatz- marktes verloren . 3 Diesen Schwierigkeiten sollten Kokshochöfen begegnen, die aber die gehofften Einsparungen nicht brachten. Das Koksroheisen war noch lange Zeit teurer als das qualitativ höherwertige Holz- kohleroheisen. Gegen Ende der 70er Jahre war das alpenländische Eisenwesen in seiner Zersplitterung, in seiner Rückständigkeit, bedrängt durch die vielen ausländischen Erfindungen, zum ZUSAMMENSCHLUSS ge- zwungen. 1881 erfolgte die Gründung der Österr. Alpine Montangesellschaft. Um die Jahrhundertwende kam es zu einer grundlegenden Erneuerung, die Roheisen- und Stahler- zeugung wurde unter Ausbau des heutigen Donawitzer Siemens-Martin-Stahlwerkes auf einige Werke — besonders Donawitz — konzentriert. Der Bau der Präbichlbahn vereinigte den Vordernberger und Innerberger Erzberg zu einer hüttentechnischen Einheit. Die Roheisenerzeugung wurde in Donawitz und Eisenerz konzentriert, wo 1901 der größte Hoch- ofen Europas mit 350 Tonnen Tageserzeugung entstand. Diese damals bereits modernen Hochöfen arbeiteten mit niederem Koksverbrauch. Donawitz zählte um die Jahrhundertwende zu den moderns- ten Werken der Monarchie. Neben der Alpine-Montangesellschaft übernahmen auch die Firmen Gebrüder Böhler, wie Schöller & Co. einige Betriebe der Innerberger Hauptgewerkschaft und der Radmeister-Communität. 4 Böhler in Kapfenberg, Schoeller in Ternitz, Bleckmann in Mürzzuschlag, die Steirischen Gussstahl- werke in Judenburg und die Schmidtstahlwerke in Wien setzten österreichischen Edelstahl in alle Welt 1 a.a.O., Malzacher, S. 12. 2 a.a.O., Malzacher, S. 20. 3 a.a.O., Malzacher, S. 21-22. 4 a.a.O., Malzacher, S. 22.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2