Die oberösterreichische Messerindustrie
52 Messererzeugung, in die Erblande bringen. Insbesondere die Engländer sollten unseren Leuten die "notwendigen Handgriffe mitteilen und Maschinen angeben, mittels denen bei dieser Ware wohlfeile Preise erzielt werden könnten." Leider sind uns keine Nachrichten darüber erhalten, ob tatsächlich englische Fachkräfte nach Steyr kamen. Kam es zur Einfuhr fremder Messer, so sahen dies unsere Handwerker mit größtem Unwillen. Aus dem Jahre 1773 ist uns ein Gesuch der österr. Messerermeister erhalten, in dem diese die Hofkammer um Abstellung des Imports bitten . 1 Sie wären ohnehin selbst imstande, mit ihren Erzeugnissen, auf die sie die "kölnischen Pfeifen" als Zeichen schlugen, den Bedarf des gesamten Publikums zu decken. Sol- che Taschenmesser könnten sie in großen Mengen erzeugen, 3000 Dutzend pro Jahr. Laut Dekret wurde dem Ansuchen stattgegeben, die Händler wurden an die Messerer von Steyr und Steinbach verwiesen. Gegen Ende des Jahrhunderts meldeten sich auch die Wiener bürgerlichen Messerer und erbaten, dass der schon lange "schädliche Unfug der Einführung fremder Messer, Scheren und anderer Schneid- waren durch Handlungsleute, Fieranten und Hausierer wirksam eingestellt werden sollte." Die inländi- schen Messerwaren hätten nicht verkauft werden können, eine Konfiszierung der fremden Waren wurde verlangt. Trotzdem blühte eine Art Schleichhandel weiter. 2 Trotz aller Versuche, die Einfuhr fremder, ausländischer Erzeugnisse zu verhindern, wurden diese immer wieder in die Erblande importiert. Unseren Erzeugnissen mangelten die billigen Preise, die hohe Qualität der Ausführung und die Schönheit der Form. Die ausländische Konkurrenz machte sich immer drückender bemerkbar. In Solingen und Sheffield wuchs für unser Handwerk die große Gefahr heran, eine Gefahr, deren Realisierung viel zumUntergang des einst so blühenden Gewerbes beitrug. In Steyr selbst war die Lage für die bürgerlichen Feuerarbeiter relativ günstig. Sie hatten das Stahl- benefiz in ihren Händen, das alte Recht, zu billigem Preis Stahl einzukaufen. Eine Art Rückvergütung wurde den Eisenarbeitern zugestanden. Löw gibt uns 1832 folgende Eisen- und Geschmeidewarenhändler in Steyr an: Franz Schönthan von Pernwaldt, in der Stadt Nr. 29, Joseph von Koller, in der Stadt Nr. 30, Franz Wikoff, in der Stadt Nr. 37, Alois Redtenbacher, in der Stadt Nr. 44, Johan Zeller, in der Stadt Nr. 34, Pommer detto in Steyrdorf Nr. 23, Frantz Kraft, in der Stadt Nr. 59. 3 Über diese Händler erfolgte Verkauf und Versand der Messer im 19. Jhdt. c.) Absatzgebiete. Der Osten und Südosten bildete schon im frühen Mittelalter das Hauptexportgebiet für die Messer- werkstätte Steyr. Reger Handelsverkehr bestand mit der Hauptstadt Wien, die als Umschlagplatz für die von hier aus weiter versandten Waren galt. Viele Mautstellen behinderten allerdings den Handelsver- kehr, wie wohl seitens der Landesfürsten für Messerwaren häufig Mautermäßigungen verfügt wurden. Gegen Versuche, die Mautstätten zu umgehen, wandte sich eine eigen Ordnung aus dem Jahre 1368 . 4 VonWien aus nahmen die Schneidwaren ihrenWeg in die weiteWelt. Ungarn war lange Zeit hindurch Hauptabnehmer, bis dann die Türkenkriege weitgehend diesem blühenden Handel Abbruch taten. Trotz- dem blieb, das Land der Magyaren in Geschäftsverbindung mit der Messerwerkstätte Steyr, Pfeffer galt lange als beliebtes Tauschobjekt für jene Güter, die von Ungarn aus ihren Weg zum Teil auch nach der Türkei nahmen. 5 Aber nicht nur über Ungarn erfolgte die Belieferung des Orients. 6 Die alte Handelsstadt Venedig vermittelte regen Güteraustausch zwischen Europa und den Levante- Staaten. Steyr zählte zu den privilegierten Städten, die direkt mit der Lagunenstadt Handel treiben durf- ten. Die sog. "Venedigischen Händler" zogen, reich mit Handwerkswaren beladen, nach dem fernen Sü- den und erzielten gute Gewinne aus deren Verhandlung. Die nach Venedig reisenden oberdeutschen 1 Hofkammerarchiv Wien, 1773, Nov. 29. Altes Commerz, 291/5032 F. 140, A – Z. 2 Hofkammerarchiv Wien, 1779, Aug. 6., Altes Commerz, 291/5032 F 140, A – Z. 3 a.a.O., Löw, Bd. 1, S. 27. 4 a.a.O., Bittner, 591/5 5 a.a.O., Preuenhuber S. 178. 6 a.a.O., Preuenhuber S. 2.
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