Die oberösterreichische Messerindustrie

47 Eine entscheidende Änderung brachte das Jahr 1798. Kaiser Franz fand es für "erwünschlich", dass die Stadt Steyr ihre Einlage bei der Innerberger Hauptgewerkschaft an die neugegründete k.k. privile- gierte Wiener Kanal- und Bergbaugesellschaft verkaufe. Um 685.000 fl schied die Stadt Steyr aus der Innerberger Hauptgewerkschaft. 1 Allerdings musste die neue Gesellschaft sich verpflichten, die alten Rechte der Stadt abzulösen, insbesondere die Benefizien, deren Wert für die Steyrer Eisenindustrie kaum abzuschätzen war. Die Gesellschaft hatte sich verpflichtet, für die bürgerlichen Feuerarbeiter der Stadt das 30 kr Stahl- und das 8 kr Eisenbenefiz durch den Pauschalbetrag von 4200 fl jährlich an die Stadtkasse abzulösen. Der Stadtkasse oblag die Verteilung dieses Betrages unter die entsprechenden Feuerarbeiter im Ver- hältnis zu ihrer Stahlabnahme. Davon profitierten selbstredend besonders die Messerschmiede . 2 Die neue Gesellschaft löste auch das 6 Pfennig Gefälle ab — durch einen jährlich zu zahlenden Be- trag in Höhe von 1080 fl. Ferner übernahm sie die Verpflichtung, ein offenes Lager all ihrer Erzeugnisse zu halten, welches sich bis 1894 im "Innerbergerstadl", dann aber bei der Firma Amort am Steyrer Stadtplatz befand. Dorthin lieferte auch die spätere Alpine-Montangesellschaft ihre Erzeugnisse an die Feuerarbeiter der Stadt Steyr, dort wurde mit dem Benefizbetrag abgerechnet. Diese Preisvorteile wirkten sich äußerst vorteilhaft auf das eisenverarbeitende Handwerk zu Steyr aus. Zu den letzten Nutznießern dieser Benefizien zählte der Betrieb Josef Hacks Witwe, der Groß- mutter des Verfassers dieser Dissertation. In schwerer Zeit haben diese Benefizien viel zur Erhaltung und zur Förderung der oberösterr. Schneidwarenerzeugung beigetragen. 1922 bot die Alpine Mont- angesellschaft der Stadt Steyr 300.000 Kronen als Abfertigung für die Stahlbenefizien. Die Stadt lehnte ab. Seit dieser Zeit ist das Rechtsverhältnis ungeklärt; wiewohl der Anspruch zweifelsohne zu Recht besteht, ist seit bald 35 Jahren nichts geschehen, was auf eine rechtliche Durchsetzung hin- deuten könnte. F. Der Messerhandel : a.) Das Zeichenwesen im Messererhandwerk. Die Ausbildung des Zeichenwesens im Messererhandwerk kam zu Beginn des 15. Jhdt. zum Ab- schluss. Jeder Meister besaß in dieser Zeit bereits sein eigenes Handwerkszeichen, das er mit Recht und voll Stolz sein ganzes Leben lang führte. War es gut bekannt und eingeführt, dann galt es als un- fehlbares Werbemittel und sicherte einen festen Platz auf demMarkt, es wurde zum kostbaren Schatz eines Meisters, den dieser gegen jeden Angriff hart verteidigte. Persönliche Tüchtigkeit und handwerkliches Können lagen früher hinter jeder Marke noch viel mehr verborgen als heute im Zeitalter der Maschinen. Es war daher die Zeichenfrage im Handwerk der Mes- serer zu allen Zeiten von entscheidender Bedeutung, die Regelung dieser Probleme daher von größter Wichtigkeit für das gewerbliche Leben. Seit dem Jahre 1441 besitzen die Steyrer Messerer die Berechtigung, auf Qualitätswaren den "Bindenschild" zu führen, d. i. ein waagrechter, weißer Balken im roten Feld. 3 Diese Schutzmarke bürgte in allen Absatzgebieten für die Güte der Steyrer Messerwaren. Neben diesem gemeinsamen Zeichen der Werkstätte Steyr besaß jeder einzelne Meister ein besonderes Kennzeichen seiner Er- zeugnisse. Die Erwerbung einer solchen Handwerksmarke erfolgte durch Kauf vom Handwerk. Die Bewilligung, diese führen zu können wurde dem Meister durch Verleihung eines Zeichenbriefes vom Landesfürsten selbst erteilt. Jeder Meister durfte grundsätzlich aber nur ein Zeichen führen, lediglich Qualitätserzeugnisse trugen 2 Zeichen: den Bindenschild als Schutzmarke der Werkstätte Steyr und das jeweilige Zeichen des Meisters . 4 Die Zeichenfrage war zu allen Zeiten für die wirtschaftliche Organisation des Handwerks von Be- deutung, daher hielt man es schon im Mittelalter für notwendig, die Zeichen und deren Träger festzu- halten, um gegen Angriffe betreffs der Rechtmäßigkeit der Zeichenführung gewappnet zu sein. Die älteste Nachricht von Steyrer Messerzeichen stammt aus dem Jahre 1445 - 46 und ist enthalten 1 Ofner, Die Eisenstadt Steyr, S. 117. 2 a.a.O., Hack, Steyr und seine Beziehungen zum innerbergischen Eisenwesen, S. 38. 3 St. A. Steyr, 2/28. 4 a.a.O., Hack, Eisenhandel, S. 147. (St. A. Steyr, 9/28).

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2