Die oberösterreichische Messerindustrie
46 Amtssitz der landsteirischen, Weyer der landösterreichischen Hammermeister. Bis zum Jahre 1669 be- herbergte Steyr die Hauptbuchhaltung und die Hauptkasse. Hier befanden sich ferner ein Obersekre- tär, ein Kastner, ein Pfundauswäger, 2 Zeugsempfänger, ein Zeugsverhandler, ein Zeugbeschauer und ein Eisenkämmerer. Die Führung der Gewerkschaft hatten 12 Vorgeher inne, die auf 2 Jahre gewählt wurden, und zwar 4 aus jedem Gewerkschaftsgliede. Den Vorsitz bei Verhandlungen der Vorgeher führte der Obervorge- her. Die Gebarungsüberwachung stand dem landesfürstlichen Kammergrafenamte zu Eisenerz zu . 1 Nach den zahlreichen Eisenordnungen sollte innerbergisches Eisen von der Stadt Steyr aus in die Lande Österreich ob und unter der Enns, nach der Donau hinauf ins Reich, nach Böhmen, Schlesien und Mähren gehen und durfte nur auf den hiezu bestimmten Straßen transportiert werden. Es erscheint verständlich, dass in einemOrte, in dem Eisen und Stahl relativ billig feilgeboten wurde, ein eisenverarbeitender Handwerksstand erwuchs, der mithalf, den Ruf der Stadt Steyr als Eisenstadt zu begründen. Vor allem sei an das Handwerk der Messerer erinnert, welches im 16. Jhdt. mehr als 400 Meisterwerkstätten umfasste. Das Rohprodukt für die Messerer, die geschmiedeten Klingen, wur- den in Kleinraming und Dambach angefertigt, wo das alte Handwerk der Klingenschmiede blühte. Jene erzeugten aus "Frumbstahl und Zaineisen" die Rohklingen. Der jährliche Verbrauch der Werkstätten betrug im 16. Jhdt. 11.000 Zentner. Zur Sicherung des nötigen Rohstoffs wurden eigene "Frumbwerkzeugordnungen" erlassen, nach denen sich die Hammer- meister zu richten hatten. 2 Um allen Unstimmigkeiten wegen ungerechter Eisenverteilung ein Ende zu bereiten, kam es im Jahre 1563 auf kaiserlichen Befehl zur Errichtung der landesfürstlichen Eisenkammer zu Steyr. Diese hatte die Eisenarbeiter mit dem nötigen Rohstoff zu versorgen. Der Eisenkämmerer hatte jeden 5. Zentner oder nach Bedarf auch mehr für die Kammer einzuziehen, von wo der Kämmerer ohne Gewinn das Eisen an die Handwerker weitergeben sollte. Bis zum Jahre 1625 war die Kämmer der Stadt Steyr unterstellt, dann gehörte sie zum Bestand der Innerberger Hauptgewerkschaft. Die Eisenkammer belieferte nicht nur die Stadt Steyr, darüber hinaus die Sensen-, Sichel- und Nagelschmiede in Losenstein, die Messerschmiede in Steinbach, die Klingen- schmiede von Raming, Dambach und Unterwald, die Welser Eisenindustrie, die Linzer Handwerker, Freistatt und Leonstein. Zahlreiche staatliche Preisfestsetzungen versuchten gerechte Preise im Eisenhandel durchzusetzen, die Gewinne der Händler sollten beschränkt werden. Allerdings benötigen die Landesfürsten in ihrer Geldnot oft die "Eisenherrn", was der staatlichen Politik viel von ihrer Durchschlagskraft nahm. Außer- dem gewährte die Starrheit der Preisordnungen keine Anpassung an die jeweiligen wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die Stadt Steyr genoss seit alters her Preisvorteile beim Eiseneinkauf. Es sei an das Stapelrecht von 1287 erinnert. Später machten einige Stahlbenefizien den Stahl- und Eisenhandel für Steyr rentabel. Vom Jahre 1626 - 1798 erlegte die Gewerkschaft von jedem Zentner Stahl oder Eisen, der nach Steyr oder für die Nagelschmiede nach Losenstein geliefert wurde, 6 Pfennig in die Stadtkasse. Das war das sog. 6 Pfennig Gefälle. Dazu kam das "Vorderhackenstahlbenefiz". Als nämlich 1678 der Preis für Scharsachstahl erhöht wurde, verpflichtete sich die Innerberger Hauptgewerkschaft zur Rückvergütung von 30 Kreuzer pro Zentner Stahl, der von der Stadt bezogen wurde. Dadurch wurde die Preiserhöhung neutralisiert. Die Vergütung erfolgte in Vorderhackenstahl. Zusätzlich erhielt die Stadt Steyr jährlich noch 125 Zentner dieser Stahlsorte kostenlos geliefert. Im Vergleich vom 11. November 1768 wurde der Stadt noch das sog. Eisenbenefiz gewährt. Für jeden Zentner Mittelzeug und Eisen, den die Eisenhändler und Feuer- arbeiter bezogen, erlegte die Gewerkschaft 8 Kreuzer . 3 Josef II. hob das von Maria Theresia geschaffene Obergrafenamt auf, dem der Amtmann in Eisenerz und der Eisenobmann unterstand, stattdessen wurden die "Berggerichte" geschaffen. 1783 wurde in Steyr ein solches errichtet. Dadurch gelangte die Innerberger Hauptgewerkschaft zu einer etwas frei- eren Geschäftsführung. 1 Ofner Josef: "Die Eisenstadt Steyr", Steyr, 1956, S. 71. 2 a.a.O., Hack, Steyr und seine Beziehungen zum innerbergischen Eisenwesen, S. 26. 3 Ofner, Die Eisenstadt Steyr, S. 108.
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