Die oberösterreichische Messerindustrie

45 Sensenschmiede, dann für die Eisenarbeiter selbst, für die Eisenkammer etc. Der Eisenobmann wurde Wien unterstellt, während zur Stärkung des steirischen Einflusses das Amt des "Kammergrafen" ge- schaffen wurde, der Graz unterstellt war. Wieso wurde nun Steyr zumMittelpunkt des Innerbergischen Eisenwesens? 1 Geographische und politische Momente waren es, die Steyr im Eisenhandel und in der Eisenbearbeitung die führende Stellung verliehen. Am Zusammenfluss der Enns und Steyr, am Rande der nördlichen Kalkalpen erhob sich schon im 10. Jhdt. die sagenumwobene "Styrapurch". 2 Die Wasserstraße der Enns schuf durch die Möglichkeit des Flößens die günstige und billige Verbindung zum Erzberg. Auf ihr wurde das Eisen zum Hauptstrom des Landes, zur Donau, transportiert. Beiderseits der Enns waren die "Eisenwurzen" zu Hause, ein Ge- biet, wo durch Jahrhunderte die Eisenver- und -bearbeitung erfolgte. An den Ufern der Steyr entstan- den die sog. Zeugstätten, Wasserräder trieben Schleifen, Hämmer und Mühlen. In politischer Hinsicht war Steyr im 12. Jhdt. Residenzstadt der Ottokare, die als Herren der Steier- mark in der Burg zu Steyr Hof hielten. Macht und Ruhm der Stadt blühte empor. Als Haupterwerbs- quelle galt die Verhandlung von "geschlagenem Eisen und Stahl". Durch den "großen Freiheitsbrief" Herzog Albrechts vom 21. August 1287 wurde der Stadt das Sta- pelrecht für alles Eisen, das aus dem Innerberg gewonnen und nach Norden verführt wurde, verliehen. Damit war die Stellung Steyrs als Zentrum des Innerbergischen Eisenwesens gesetzlich fundiert. 3 Tage lang musste den Bürgern der Stadt das Eisen zu billigen Preisen angeboten werden, dann erst konnte es der Besitzer verkaufen, wohin er wollte. Als Anbieter fungierten ursprünglich die Rad- und Hammer- meister selbst, später jedoch die Eisenhändler, die das Risiko des Flößens entlang der Enns trugen. Verlagsverträge bildeten sich zwischen den Hammermeistern und Eisenhändlern heraus, aber ers- tere brauchten eine hilfreiche Hand, die das nötige Betriebskapital gewährte. Diese fand sich beim Verleger. Das gesamte Verlagsverhältnis, Rechte und Pflichten der Erzeuger und Händler wurde in den Verträgen geregelt. Häufig allerdings waren die Handlungen der Eisenhändler von reinem Eigennutz diktiert, sie stellten die persönlichen Vorteile über das Gemeinwohl. So konnte Erzherzog Carl, wie schon erwähnt, natür- lich auch aus politischen Motiven im Zusammenhang mit den Erbteilungen der Habsburger eine Art "Vergenossenschaftung" des Eisenhandels durch Gründung der "Eisenhandlungscompagnie zu Steyr" durchsetzen, die Monopolstellung erhielt und eine Art Kapitalgesellschaft darstellte. Jeder Bürger der Stadt, der mindestens 100 fl Einlage erbrachte, war am Eisenhandel beteiligt. Immerhin blieb auch der private Handel in einem gewissen Rahmen erhalten. Zur Zeit der Gegenreformation kündigten viele vermögende Bürger ihre Kapitalien bei der Gesell- schaft und verließen das Land, ausländische Kaufleute zogen ihre Darlehen aus der Compagnie, die protestantischen Verleger traten aus; 1625 löste sich die alte Eisenhandlungsgesellschaft auf, es ent- stand die Innerberger Hauptgewerkschaft . 3 Die Innerberger Hauptgewerkschaft vereinigte die Rad- und Hammermeister, sowie die Steyrer Ei- senhandlungsgesellschaft - Stadt Steyr, als Verlagsbetrieb. Nach kaiserlicher Ratifikation wurde im Ok- tober des Jahres 1625 die "Kapitulation über die neu eingerichtete löbliche Hauptgewerkschaft der Stachel- und Eisenhandlung im Lande Steyr und Österreich" kundgemacht. Diese Organisation bildete eine "Erwerbsgesellschaft auf Gewinn und Verlust". Die Einlagen im Gesamtbeträge von 744.782 fl 23 kr setzten sich wie folgt zusammen: Radmeister 155.774 fl 33,5 kr Hammermeister 240.275 fl 56 kr Eisenkompanie 348.731 fl 53,5 kr Die Verzinsung der Einlagen erfolgte mit 5 %, außerdem wurden Ertragsanteile zugesichert. Die Einlagen der Eisenkompanie waren ihre Forderungen an die Radmeister und an die österreichischen und steirischen Hammermeister. Eigene Beamte (Gewerkschaftsoffiziere) verwalteten die Hauptgewerkschaft. St. Gallen war 1 Hack Irmgard: "Steyr und seine Beziehungen zum innerbergischen Eisenwesen", Veröffentlichungen des Kul- turamtes der Stadt Steyr, 1953, S. 1, 2, 4. 2 Pritz Franz Xaver: "Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyr", Linz 1837, S. 81 3 a.a.O., Hack, Steyr und seine Beziehungen zum innerbergischen Eisenwesen, S. 9, 10, 13, 16, 20.

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