Die oberösterreichische Messerindustrie

43 Enns: Dieser schon im frühen Mittelalter bedeutende Handelsplatz - man denke an das Ennser Stadtrecht 1212 - erlangte durch die günstige Verbindung mit der Stadt Steyr Anschluss zummächtigen Handwerk der Messerer, welches auch in Enns Fuß fasste und sich entwickelte. Die Werkstätte Enns zählt in den Akten immer zu den kleinen Werkstätten, sie besaß, etwa im Gegensatz zu Wels, keine eigene Klingenschmiedezunft. Die nötigen Rohwaren wurden aus Kleinraming und Dambach bezogen. Zur Belebung des Handwerks fassten Richter und Rat der Stadt Enns den Plan, eigene Schleiferwerk- stätten zu errichten, die bis dahin in unvollkommenen Zustand bestanden hatten. 1 1593 nahm Enns an der Tagung der redlichen Werkstätten in Steyr teil, dann aber machten Bauern- und Religionskriege der dortigen Messererzunft ein Ende . 2 Freistadt: Im Mittelalter galt Freistadt als Haupthandelsplatz im nördlichen Oberösterreich und hatte als solcher Stapelrecht und Handelsbegünstigungen im reichen Maße verliehen bekommen. Die Ausfuhr der Steyrer Messerwaren nach Böhmen und in andere nördliche Gebiete ging durch diesen Ort. Infolge der günstigen Einkaufsbedingungen für Eisen und Stahl, die durch das Stapelrecht gegeben waren, entstand einMittelpunkt der Eisenverarbeitung. Die Freistädter Sensenschmiede undMesserer genossen zeitweise beachtenswertes Ansehen. Um die Mitte des 16. Jhdt. bezogen letztere Klingen aus Raming und Dambach, welche, in Fässern verpackt, dorthin geliefert wurden, auch Klingen- schmiede und Schleifer siedelten sich in Freistadt an und so entstand eine eigene Werkstätte, die die Rechte einer redlichen Werkstätte in Anspruch nahm . 3 Meister aus Steinbach a. Steyr, die in Freistadt eine zweite Heimat gefunden hatten, verstärkten das Verlangen der eingesessenenMesserer, Mitglied des Verbandes der redlichenWerkstätten zu wer- den. 1531 kam es zur Aufnahme der Werkstätte Freistadt. Die 3 Handwerke der Messerer, Klingen- schmiede und Schleifer waren in Freistadt in einer Zunft vereinigt. 4 Die Errichtung von Erzeugungsstätten war nur im Burgfried gestattet, lediglich die Schleifer, die Wasser benötigten, durften sich außerhalb ansiedeln. Die Versorgung mit Rohstoff für die Schmiede hatte laut Ordnung der Eisenkammer von dort aus zu geschehen. Die Menge wurde mit 300 Paar Frumbwerkzeug pro Jahr festgelegt . 5 Die Messerer erhielten 1580 eine eigene Ordnung. 6 Darin wur- den genaue Bestimmungen über die Produktion, den Handel, sowie über die Angehörigen des Hand- werks getroffen. Die Messerer hatten in der Freistädter Zunft den größten Einfluss. Sie stellten den Zechmeister und hatten somit die Leitung des Handwerks in ihren Händen. Die Messerergesellen brauchten ursprünglich nur 3 Jahre zu arbeiten, dann winkte die Meisterwürde. Später allerdings hatten die Freistädter Messerergesellen, wie die Steyrer und Steinbacher, 5 Jahre bei einem Meister zu arbeiten, ehe sie diese höchste Stufe im Handwerksleben erklimmen durften. Von Interesse sind die Bestimmungen über das Meisterstück. Auch hier waren, wie in Steyr, Meistersöhne und Ver- wandte des Meisterstandes im Vorteil. Auswärtige Gesellen, die in der Stadt das Meisterrecht er- werben wollten, und von den schlesischen, mährischen und meißischen Werkstätten kamen, hatten besondere Stücke zu erzeugen. Das Meistermahl musste für 10 - 12 Personen vorgerichtet werden. Für einen jungen Meister war es in Freistadt, wie in Steyr, verboten, im 1. Jahr einen Jungen zu halten, wie dies schon genauer erläutert wurde. Das Freistädter Handwerk erlangte aber nicht nur lokale Bedeutung. Es entwickelten sich Beziehun- gen zu auswärtigen Messerzentren, wie Nürnberg und Passau . 7 Die Teilnahme Freistadts an den gemeinsamen Beratungen aller redlichen Messerwerkstätten ist aber nur zweimal bezeugt: anno 1584 und 1593. Um 1600 haben wir noch Quellen, die das Bestehen des Handwerks beweisen. Es wollten sich da- mals die "Langmesserer" von den "kurzen Messerern" trennen. Doch von Steyr wurde das Ansuchen abgelehnt. Die Fülle der Akten, die für das 16. Jhdt. noch vorhanden ist, bricht im 17. Jhdt. plötzlich ab und es wird uns über das Freistädter Messererhandwerk nichts mehr berichtet. Die Stürme des 30- 1 Haus- Hof- und Staatsarchiv Wien, OÖ. Akten, Bd. 2. 2 St. A. Steyr, 12/42. 3 La. A. Linz, 9/15/59. 4 St. A. Steyr, 9/28. 5 St. A. Steyr, 4/10/415. 6 La. A. Linz, 9/16/59. 7 La. A. Linz, 268/10/A/47, Freistadt, Messerer und Klingsch. A.

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