Die oberösterreichische Messerindustrie

42 Arbeitsleistung jener dem angestammten Verleger zu entziehen und für sich zu gewinnen, mit Strafe bedroht. Bereits 13 Jahre später, in der Zeit einer abflauenden Konjunktur, wurde in den Vergleichsschriften verfügt, dass ein Meister nur mehr mit 3-jähriger Unterbrechung einen Jungen aufdingen dürfe. ("Und nachdem mit dem Überfluss eines Lernens der Jungen das Handtwerck sich auch ... allein die Werchstad so bisher nit für redlich gehalten worden, gach befördert und noch dazu - gegen unseren ? - will newe Messer Wechsteet zu unserer der Niderösterr. redlichen Werckstat grossen Abspruch und schmellerung aufgericht werden, demnach so soll hinfüren khein Meister, wann ain der Junger die verdingten fünf Jar aufgedient, Inner dreyen jaren einen andern Lerjungen - welcher khaines Maisters Son ist - nitaufnemen, dingen noch lernen sonnder drew gannze Jar mit Lernung ... stillhalten"). 1 Im Vergleichsbrief aus dem Jahre 1556 zu Steyr wurde eine allgemeine Lohnsenkung verfügt, die Wartezeit nach der Freisprechung eines Lehrjungen fand eine weitere Erhöhung . 2 Die Wirtschaftslage gestaltete sich immer trostloser, ein weiterer Vergleich aus dem Jahre 1573 brachte Lohnsenkungen und Einschränkungen . 3 Messer mussten in Hinkunft nach Modellen gearbeitet werden, die für alle Werkstätten einheitlich festgelegt wurden. Die Beschau sollte verbessert werden, der Kampf gegen Gesellen, die auf unredlichen Werkstätten arbeiteten, wurde intensiviert. 1583 trat Freistadt im Mühlviertal der Organisation bei. 4 Die Delegierten der sieben niederösterr. redlichen Werkstätten trafen 1584 in Steyr zusammen, um neue Maßnahmen gegen den Niedergang des Handwerks zu treffen. So wurden die Übergrößen der Klingen abgeschafft, Messertypen und Löhne festgelegt, die Stillhaltejahre vermehrt, Birnbaum-, Dirndl-, Hagedorn- und Ahornholz zur Beschalung billiger Messer zugelassen, die Schroterlöhne erfuhren eine Senkung, Mindestleistungen der Gesellen wurden statuiert. Die Türkenkriege lähmten weitgebend den Außenhandel, so dass auch die 1593 beschlossene Auf- hebung des "blauen Montags" keine Lösung der Probleme bedeuten konnte . 5 Glaubenskämpfe trugen das ihre dazu bei, um den Abstieg der einst so mächtigen Vereinigung der Messerwerkstätten zu beschleunigen, die Gegenreformation, die Not der Zeit, der Verfall jeglichen handwerklichen Lebens und Handels raffte die so bedeutende Organisation dahin . 6 Erst im 18. Jhdt., als die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse eine gewisse Besserung erfuhren, meldeten sich unsere Werkstätten wieder. Lediglich die 3 mächtigen waren übrig: Steyr, Steinbach und Waidhofen, diese erhoben das Verlangen nach Abstellung der Fretterei, nach Einstellung der Messer- erzeugung bei den Klingenschmieden. 1731 fand noch eine Handwerksversammlung in Steyr statt, 1784 als letztes Aufflackern ein gemeinsamer Protest gegen die "Klauschalenarbeit", dann schweigen die Urkunden über die "Vereinigung der redlichen Werkstätten" endgültig. Die Not der Zeit und nicht zuletzt die starre Zunftverfassung hat die einst so mächtige Interessengemeinschaft hinweggefegt, sie ist in aller Stille erloschen, wie so vieles, das dem Drang der neuen Zeit nicht mehr gewachsen war . 7 Aber auch die Klingenschmiede - und Schleiferwerkstätten hielten nach dem Muster der vereinig- ten Messerwerkstätten ihre gemeinsamen Sitzungen ab. Um die Mitte des 1&. Jhdt. gab es 9 redliche Klingenschmiedwerkstätten: Steyr als Hauptsitz, Waidhofen, Wels, St. Pölten, Steinbach, Raming, Dambach, Schleißheim und Enns. Bei den vereinigten Schleiferwerkstätten dieser Zeit scheint St. Pöl- ten nicht auf. Für die spätere Zeit liegen uns allerdings keine Nachrichten über Vereinbarungen dieser beiden Handwerke auf gemeinsamer Basis vor. Einzig und allein die Klingenschmiedewerkstätten Steyr, Raming und Dambach, die "Dreyerwerchstätt", und dann nur die beiden Werkstätten Steyr und Raming, also die "Zweyerwerckstätt", trafen noch öfters gemeinsame Beschlüsse. Nun folgt ein kurzer Überblick über die einzelnen redlichen Messerwerkstätten, sofern diese im Gebiete des heutigen Landes Oberösterreich gelegen waren (ohne Steyr). 1 St. A. Steyr, Vergleichsschriften, 11/5/11. 2 St. A. Steyr, Vergleichsschriften, 11/5/13. 3 St. A. Steyr, Vergleichsschriften, 11/5/14. 4 St. A. Steyr, Vergleichsschriften, 11/5/15. 5 a.a.O., Schroffner, Steyrer Eisenindustrie S. 58, Nr. 6. 6 St. A. Steyr, Messerakten, Paket A Nr. 6. 7 St. A. Steyr, 12/42.

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