Die oberösterreichische Messerindustrie
41 Maria gewidmeten Messerersäule. 1 Dieser letzte erhaltene Stiftungsbrief der Messererzeche macht im Vergleich zu allen anderen eine rühmliche Ausnahme. Besagte Säule, die seit ihrer Errichtung, aber auch noch in unseren Tagen "Mes- serer- oder Mariensäule" genannt wird, stellt in der 2. Hälfte des 20. Jhdt. das letzte Vermächtnis der einstmals reichen Messererzunft von Steyr dar. Seit der Mitte des vergangenen Jhdt. stellt diese stei- nerne Säule die letzte Station im Fronleichnamszug von Steyrdorf dar. Ihre Ausschmückung oblag ver- schiedenen Meisterfamilien, seit 1880 obliegt diese Arbeit der alten Klingenschmied- und Messererfa- milie Hack, der der Verfasser dieser Dissertation die Ehre hat, anzugehören. Im Bewusstsein der jahr- hundertelangen Tradition unseres Handwerks erweisen wir alljährlich zur Fronleichnamszeit dem stei- nernen Mahnmal die letzte Ehre . 2 f.) Die Steyrer-Messerer in der Vereinigung der niederösterreichischen redlichen Werkstätten. Die große "Wierde" (ansteigende Konjunktur im 14. und 15., bzw. in der ersten Hälfte des 16. Jhdt.), die das Messererhandwerk in Steyr zu so großer Bedeutung brachte, ließ auch in anderen Orten, in Waidhofen, St. Pölten, Wien, Enns, Wels und Steinbach Messerzechen entstehen. Die Meister der ein- zelnen Orte erkannten, dass viele Übelstände, die sich in Zeiten guten Absatzes aus übermäßigen For- derungen der Gesellen oder in schlechten Zeiten aus der ruinösen Konkurrenz der Zechen untereinan- der ergaben, durch gemeinsames Vorgehen ausgeschaltet werden könnte. So schlossen sich die Werkstätten Steyr, Wien, St. Pölten und Waidhofen in der "Gottleichnamm- szeche" zusammen. Unter Werkstätte verstand man in früher Zeit nicht den einzelnen Gewerbebe- trieb, sondern die Gesamtheit aller selbständigen, zu einer Interessengemeinschaft zusammenge- schlossenen Einzelbetriebe eines Handwerks in einem Ort, in einem Markt oder in einer Stadt . 3 Die "Gottleichnammszeche" war eine Dachorganisation über den lokalen Zechen und ermöglichte es, für alle Mitglieder verbindliche Normen festzulegen, die hauptsächlich Fragen des Lohnes, der Ar- beitszeit, des Aufdingens von Gesellen und Jungen, des Meisterrechts, der Beschau und des Kampfes gegen die "Fretter" betrafen. Die Regelung von Rohstofffragen, von Handels - und Absatzbedingungen war vornehmstes Ziel dieses Verbandes. Die Stadt Wien wurde ursprünglich ohne Zweifel als Zentrum der redlichen Werkstätten anerkannt und hier fanden die Versammlungen der vereinigten Werkstätten statt. Der Rat dort besaß die Befug- nis, die vereinbarten Artikel und Ordnungen zu bestätigen oder zu ändern, auch wenn diese von den außerstädtischen Handwerken schon angenommen worden waren. Das erste interlokale Handwerksabkommen stammt aus dem Jahre 1439, man nannte es der "Mes- serer und ihrer Knechte Ordnung". Darin finden wir genaue Angaben über Zahl der Gesellen, Strafen für willkürliches Feiern, "Kundschaft" der Gesellen, Beschränkungen über das Meisterwerden. Um 1470 traten Wels und Krems der Zeche bei. Im 16. Jhdt. trat Wien seine Vorrangstellung an Steyr ab und diese Stadt wurde für 3 Jahrhunderte erster Verhandlungsort. Dem Gesellenproblem wurde im 16. Jhdt. erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt und im Jahre 1535 beschlossen die Werkstätten Wien, Steyr, St. Pölten, Wels und Waidhofen eine "Messerergesellenordnung", in der ältere Normen und gewohnheitsrechtliche Bestimmungen zusam- mengefasst wurden . 4 1546 wurde neben der "Gottleichnammszeche" die "Vereinigung der fünf redlichen niederösterrei- chischen Werkstätten" Steyr, Waidhofen, Wels, St. Pölten und Enns gegründet. Die Vereinbarungen wurden in der Vergleichsschrift vom 14. 9. 1546 niedergelegt . 5 Wahrscheinlich war die "Gottleichnammszeche" zu wenig straff organisiert, so dass die Schaffung der neuen Organisation notwendig erschien. Zweck der Vergleichsschriften war, eine Anpassung des Handwerks an die jeweilige Wirtschaftslage herbeizuführen. 1546 wurde das "Abreden" von Gesellen und Stückwerkern, also der Versuch, die 1 St. A. Steyr, Stiftsbrief Wolf A. Behambs, original erhaltene Siegel, 11/34/Nr. 90. 2 unveröffentlichte Chronik der Familie Hack, Steyr. 3 a.a.O., : Schroffner, Steyrer Eisenindustrie, S. 55. 4 Hof. Ka. Arch. Wien, Ordnungsbuch der Stadt Wien, fol. 36 ff. 5 St. A. Steyr, 11/5/10.
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