Die oberösterreichische Messerindustrie
32 uneingeschränkt. (Cirkularverordnung vom 14.12.1784: "Den von der Laade entfernten Meistern soll freystehen, Jungen, ohne bei der Laade zu erscheinen, in Gegenwart zweyer Zeugen aufzudingen, und freyzusprechen, jedoch haben sie davon die Anzeig gleich der Laade zu machen, und eine ganz mässige, nach den lokal - Umständen zu bestimmende Gebühr abzustatten. Geburtsbriefe oder Taufscheine beyzubringen ist in keinem Fall erforderlich" ) 1 Die logische Folge dieser Regelung war eine Überbesetzung des Handwerks, 1796 klagten die Ge- sellen sehr, dass zu viele Jungen aufgedingt würden. Allerdings war es jetzt verboten, die Jungen un- entgeltlich zu beschäftigen. Sie hatten gegen Wochenlohn zu arbeiten. Für häusliche Arbeiten durften die Jungen nicht mehr herangezogen werden. Den Meisterswitwen wurde verboten, die Jungen zur Gänze in ihren Betrieben auslernen zu lassen. Die Lehrzeit wurde auf 3 Jahre festgesetzt. Dann verschwanden die Sonderbestimmungen für die Jungen, bis eine moderne Sozialgesetzge- bung neues Recht schuf. d.) Die Gesellen der 3 Handwerke. Nach der Freisprechung eines Lehrjungen trat dieser in den Gesellenstand über, genoss jedoch als junger Geselle noch nicht die vollen Gesellenrechte. Erst nach einer gewissen Zeitspanne wurde ihm volle Anerkennung zuteil. Die Gesellenjahre als solche waren ursprünglich als Übergangsstadium und als Vorbereitung zum Meisterstand gedacht. Mit dem Aufblühen und der Spezialisierung der Gewerbe begann die Gesellenfrage ein Problem sozialer Art zu werden. Der tiefere Grund lag darin, dass die große Menge der Gesellen keine Möglich- keit sah, selbständig jemals eine Werkstätte besitzen zu können, so ergab sich für die Mehrzahl der Gesellen die Notwendigkeit, zeitlebens als Geselle dienen zu müssen. Es darf uns daher nicht wundern, wenn es des Öfteren zu Reibereien, ja zu sog. Gesellenstreiks kam, die aber infolge der geringen Größe der Betriebe immer wieder beigelegt werden konnten. Die Errichtung von "Staudenwerkstätten", in denen Gesellen ohne Bewilligung von Handwerk und Obrigkeit als Meister arbeitet, war eine Folge dieser sozialenMissverhältnisse. Dazu das Problem der Gesellenehe, die verboten war. Erst als Meister durfte man in den heiligen Stand der Ehe treten . 2 Neben den Jungen lebten auch die Gesellen im Haushalt des Meisters und es gestaltete sich daher das Verhältnis zwischen der Meisterfamilie und dem Gesinde sehr eng. Beruflich, persönlich und wirt- schaftlich waren die Jungen wie Gesellen an das Haus des Meisters gebunden und hatten sich in jeder Beziehung der patriarchalischen Ordnung zu fügen. Die Meisterin sah mit Nachdruck und Strenge auf die Einhaltung guter Sitten und strenger Zucht. Gesellen und Jungen durften in des Meisters Haus und Werkstatt "bei Wein und Bier Gott und seine Heiligen nicht schelten, nindert spielen, auch sich nicht Yberweinen noch voll werden", sondern muss- ten sich jederzeit "ehrlich und züchtig verhalten" wie es schon 1544 in einer Klingenschmiedeordnung für Kleinraming hieß. Als ihre Zahl immer mehr zunahm und sich ihre Interessen mit denen der Meister nicht mehr deck- ten, gründeten die Gesellen nach dem Vorbild der Meisterzechen eine eigene Organisation. Die Lohn- und Arbeitsverhältnisse waren es, die die Gesellen zu verbessern suchten. Es kam zur Ausbildung von Gesellenbruderschaften, an deren Spitze die Vierergesellen standen. Diese Gesellenverbände gaben den einzelnen Schutz und Rückhalt, sie konnten zum Teil eigene Güter erwerben, eigene Satzungen, die allerdings von der Obrigkeit häufig nicht anerkannt wurden, legten ihren Pflichtenkreis fest. Man kann nur staunen, welch große Leistungen diese Verbände für ihre Mit- glieder vollbrachten. Sie setzten sich mit Fragen auseinander, die die verschiedensten Gebiete der mo- dernen Sozialgesetzgebung betreffen . 3 1. Die Klingenschmiedegesellen. Beim Klingenschmiedehandwerk haben wir zwischen 2 Gesellenarten zu unterscheiden, die nach ihren Kenntnissen in "Essmeister" und "Schlager" eingeteilt wurde. Erstere stellten die Spezialisten im Schmiedehandwerk dar. Sie bekamen höhere Löhne als die Schlager ausbezahlt, allerdings mussten 1 St. A. Steyr, II/2 2 La. A. Linz, Klingsch. Kl. 8. 3 St. A. Steyr, Ordnung der Messergesellen, II/5.
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