Die oberösterreichische Messerindustrie

27 und Ordnungen bestätigte. Auch die Gesellen schlossen ähnlich den Meisterverbänden als gleichartig gewerblich Interessierte festere Bündnisse auf genossenschaftlicher Grundlage, die sog. Gesellenbruderschaften. Der Bruder- schaft kamen nicht nur religiöse, sondern auch soziale Aufgaben zu. Sie sorgte für arme und kranke Gesellen, für ein entsprechendes Leichenbegängnis, natürlich hatte sie auch die wirtschaftlichen Inte- ressen ihrer Mitglieder wahrzunehmen. Ferdinand der Erste versuchte durch seine Handwerksordnung des Jahres 1527 die Aufhebung der Handwerkszechen durchzusetzen, nicht berührt davon wurden allerdings die religiösen Aufgaben der alten Genossenschaften. Die religiösen Bruderschaften hielten den genossenschaftlichen Zusammen- hang weiter aufrecht, bis die landesfürstlichen Verbote in Vergessenheit gerieten. Grundlegende Änderungen ergab die Generalhandwerksordnung Karl VI., von 19. April 1732 für Ober- und Niederösterreich, die auf dem Handwerkspatent für das gesamte röm. Reich deutscher Na- tion, vom 16. August 1731 fußte. Dadurch wurde die Autonomie der Zechen weitgehend beseitigt, ein weiterer Sieg des Landesfürs- tentums war erzielt. Ab nun durften die Handwerksversammlungen nur mit Genehmigung der Obrigkeit und in Anwe- senheit eines von dieser entsandten Kommissärs stattfinden. Neue Handwerkssatzungen mussten lan- desfürstlich genehmigt werden, Entscheidungen über Zunftstreitigkeiten blieben der Obrigkeit vorbe- halten und die Rechtsprechung der Zechen wurde auf belanglose Verstöße eingeschränkt. Diese voll- ständige Unterordnung unter die Staatsgewalt wurde auch unter Maria Theresia beibehalten. In der Zeit des Merkantilismus setzte sich die Ansicht immer mehr durch, dass eine gutgehende Industrie mit aktiver Handelsbilanz Voraussetzung für die Blüte eines Staatswesens sei. Damit war nun die alte Zechenverfassung unvereinbar, die in Gesellenbeschränkung und im Verbot der Errichtung neuer Werkstätten das Allheilmittel sah, ohne zu bedenken, dass hierdurch der "Weg zum besseren Wirt" versperrt war. Inzucht und Stagnation waren die natürlichen Folgeerscheinungen. Der Staat begann, sich mit der Hebung des Gewerbes zu beschäftigen. In öffentlich-rechtlicher Bezie- hung fand dies seinen Ausdruck in der Loslösung der Handels- von den Verwaltungsbehörden und in der Schaffung eigener Kommerzialbehörden. Man begann ausländische Facharbeiter heranzuziehen, womit neue Wege der Erzeugung unabhängig vom bodenständigen Handwerk gewiesen wurden. Ausländer, die neue Gewerbszweige einführten, wurden überhaupt von der Zunftverfassung nicht betroffen. Ferner kam die Gründung von Manufakturen hiezu, die man schon im damaligen Sprachge- brauch als Fabriken bezeichnete. Eine Scheidung zwischenWarenherstellung und Vertrieb setzte ein, das Handelskapital begann, sich des Handwerks zu bemächtigen. Entscheidend wurde in der Folgezeit, ob ein Handwerk für die lokalen Bedürfnisse oder für den Export arbeitete. Kommerzialgewerbe, zu denen auch die Messerer zählten, dienten dem Export, Po- lizeigewerbe dem örtlichen Bedarf. Die Aufhebung der Zechenverfassung war das Endziel des Staates, dem diente eine Reihe von Maß- nahmen, so die Aufhebung der Beschränkung für Meister, Gesellen und Jungen, die Bevorzugung der Meistersöhne wurde abgestellt, die kostspieligen Meisterstücke beseitigt . 1 Unter Maria Theresia wurden die Gewerbe in 2 Gruppen eingeteilt: 1.) Die Realgewerbe, also solche, bei denen die Gewerbegerechtigkeit einen Vermögenswert darstellt, wie z. B. eine Schmiede, eine Mühle usw. Diese Realgewerbe wurden wieder untergeteilt in a.) verkäufliche Gewerbe, b.) radizierte Gewerbe, die also auf Häusern lasteten. 2.) die Personalgewerbe. Biese wurden vom Magistrat ad personam verliehen, die Gerechtigkeit er- losch mit dem Ableben des Meisters . 2 Unter der Regierung Josefs II. erging 1781 der Befehl, keine Handwerksordnungen neu zu bestäti- gen, sondern diese bis auf weiteres beim alten zu lassen. Die angekündigte Reformierung der 1 Haus-Hof-Staatsarchiv Wien, der Industriestand Oberösterreichs, 1763, OÖ. Akten, Bd. 6. 2 Hofkammerarchiv Wien, Kommerzkommission, 1233/190/F. 48 (Prozess d. Klingenschmiedegesellen Schoiber um d. Meisterrecht).

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2