Die oberösterreichische Messerindustrie
26 seinem Handwerke oblag. Jährlich erzeugten diese Meister mit ihren Gesellen und Jungen, wie schon erwähnt, ca. 100.000 Dutzend Bestecke - also über 1 Million Messer und Gabeln (ohne Federmesser — Taschenmesser) . 1 D. Die Organisation der 3 Handwerke: a.) Allgemeine Übersicht über die Situation des Handwerks bis zur Einführung der Ge- werbefreiheit. Die allgeneine Entwicklung des Handwerks ging von den Städten und Märkten aus, denn diese wa- ren die tragenden Säulen jenes blühenden und mächtigen Standes. Die rechtliche Grundlage für die freie Entfaltung des Handels und des Gewerbes bildeten die Stadtprivilegien. Für Steyr ist das große Privileg aus dem Jahre 1287 überliefert. Es beinhaltet die Verleihung des Stapelrechts für das Innerberger Eisen. Damit wurde Steyr zur landesfürstlich privilegierten Nieder- lagsstadt für das Innerberger Eisen. 2 Die Stadt selbst sicherte innerhalb ihrer Mauern die Handwerker vor Störungen jeder Art. Das flache Land hingegen litt besonders im Mittelalter unter den vielen Feh- den und war der Tummelplatz allerlei Volks. Die Stadtverfassung bot dem Handwerk den Nährboden, auf dem es zur reichen Blüte gedeihen konnte. Wann sich erste Zusammenschlüsse gleichartiger Handwerker zu Handwerksverbänden, den sog. ZECHEN oder INNUNGEN ergaben, wissen wir nicht genau, wohl dürfte bereits im 13. Jahrhundert der- artiges geschehen sein. Gründe dafür mag es viele gegeben haben, die Abwehr des Zuzugs fremder Handwerker, Selbstverwaltungsbestrebungen, die große Kluft zwischen den ärmeren Handwerkern und den reichen Erbbürgern, ferner auch religiöse und soziale Erwägungen . 3 Inwiefern auch alte Hofverbände oder Weisungen der Stadtherren eine Rolle spielten, müsste einer eigenen wissenschaftlichen Untersuchung vorbehalten bleiben. Diese Berufsgemeinschaften erfassten den ganzen Menschen, alle Seiten des Lebens und schufen damit eine religiöse, wirtschaftliche und sittliche Einheit. Die Zechen, die in unserem Gebiet im 14. Jhdt. schon voll ausgebildet waren, gaben dem einzelnen Handwerker Schutz und Rückhalt. Das Handwerk erhielt somit einen gewichtigen Einfluss, den es ohne genossenschaftliche Einigung nie erreicht hätte. Es darf uns daher nicht wundern, dass die Handwerks- zechen in ihrer Gesamtheit eine Macht darstellten, mit der die Stadtverwaltung rechnen musste. Die Landesfürsten standen das Handwerksverbänden oft nicht wohlwollend gegenüber, da sie in deren Eigenmächtigkeit eine Schädigung der übrigen städtischen Belange erblickten. Doch der mäch- tige genossenschaftliche Zug unter den Handwerkern war in den Österreichischen Städten nicht auf- zuhalten. Nahezu alle Handwerke suchten sich die rechtliche Grundlage durch eine von der Obrigkeit verliehene Handwerksordnung zu verschaffen. Die Aufrichtung einer solchen erbaten sich die Meister zur Abstellung von allerlei Missständen und zur "Pflanzung guter Manneszucht". 4 Als Erstarkung der landesfürstlichen Macht und als deutlichen Ausdruck der Herrschaftsidee ist der Versuch Rudolfs des Vierten zu werten, die Zechen aufzulösen und die Gewerbefreiheit einzuführen. Doch die Zünfte waren stärker als das Landesfürstentum. Die Klingenschmiede von Kleinraming erhielten 1373 ihre Handwerksordnung, die Messerer folgten Ende des 14. Jhdt. nach. Jeder, der ein Handwerk ausübte, wurde genötigt, in seine Genossenschaft einzutreten und dies wurde im Laufe der Zeit ein Mittel, Nichtzünftige von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen. Das Recht zu einem Handwerk wurde erblicher Besitz einer festumgrenzten Zahl von Meisterfamilien. Es entstand der Zunftzwang, der nur solchen das Handwerk gestattete, die Mitglieder der Zunft bzw. der Genossenschaft waren. Die Handwerker gewannen im städtischen Leben immer größeren Einfluss. Der Rat in den landes- fürstlichen Städten nahm das Recht für die Zulassung zum Gewerbebetrieb in Anspruch, aber nur mit der Zustimmung der Mitglieder. Er war die Behörde für die Handwerker, der auch Satzungen erließ 1 a.a.O., Löw, S. 35. 2 Josef Ofner, "Die Eisenstadt Steyr", Steyr, 1956, S. 25. 3 Josef Ofner, "Die Eisenstadt Steyr", Steyr, 1956, S. 29. 4 Josef Ofner, "Die Eisenstadt Steyr", Steyr, 1956, S. 29.
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2