Die oberösterreichische Messerindustrie

19 auszuhämmern waren, denn oftmals springen die Angeln ab und auch das "Spitzeln" wäre unmöglich. Zu weich gelieferte Klingen müssten gehärtet werden, denn in diesen Fällen wurde nicht den Klingen- schmieden, sondern den Messerern die Schuld gegeben. Außerdem könne eine Beschalung mit Silber, Kupfer und Messing ohne Feuer nicht gemacht werden, da mit einem "Schlag loth Silber nicht zu leten vorgenommen werden kann". Mit Feuer könnten die "Schalen und Spitzen am füglichsten und nutz- barsten gepresst werden", jedoch das außer Hauslaufen zu einem Feuer wäre nicht nur beschwerlich und kostspielig, sondern zeitigte auch üble Folgen, da die eigenen Vorteile abgespitzt würden, zum großen Nachteil der Messerermeister . 1 Es dauerte bis 1765 bis der Antrag durchging und vor dieser Zeit gab es für die Messerer kein Feuer. Über die genaue Arbeitsweise der alten Meister ist uns nichts erhalten. Immerhin soll der Versuch gewagt werden, einige Arbeitsvorgänge auf Grund mündlicher Überlieferungen darzustellen, wie diese vor Anbruch des Maschinenzeitalters in Steyr üblich waren. Wesentliches Kriterium ist der grundlegende Unterschied zwischen Beschalung und Beheftung. Für die erstere Art wurden die sog. Flach - oder Breitangelklingen verwendet. Der Flach - oder Breitangel stellt die Verlängerung des Klingenblattes dar und ist ausgebildet zur Aufnahme von 2 Schalen als Griff. Diese bestanden meist aus Holz, aber auch aus Horn und Metall und wurden mit 3 Nieten aufgenietet, die Kontur des Breitangels deckte sich mit der Breitkontur des Griffes. Für die Beheftung dagegen verwendete man sog. Spitzangelklingen. Ein Spitzangel besteht in einem vom Ansatz ausgeschmiedeten Vierkantdorn in einer mittleren Stärke von 4 - 5 mm, der nach rück- wärts konisch verläuft. Dieser wird in ein vorgebohrtes Heft eingetrieben oder eingekittet und manch- mal auch rückwärts vernietet. Das Griffmaterial ist auch hier wieder Holz, Horn, Bein und Metall. Hauptarbeit der Messerer war das Feilen der Griffe. Zuerst fand eine "grobgehaute Messerfeile" Verwendung, dann die sehr feinen "Schlichtfeilen", die letzte Operation in der Messerwerkstätte war das "Ausbreiten" der Griffe. Zu dieser Oberflächenbearbeitung benützten die Messerer mit Leder be- zogene Holzfeilen, die mit feinem, gestoßenem Sand beleimt waren. Dieser Arbeitsvorgang mag dem heutigen "Polieren" gleichzusetzen sein. Allgemein hütete jedoch jeder Meister ängstlich sein Betriebsgeheimnis, daher verweigern uns die sonst so häufigen Quellen jede Auskunft über die Kunst der Messererzeugung, über die Vornahme der Beschalung und Beheftung im Detail. c.) Die Stellung der Frau im Messerer-Handwerk und ihre Arbeit. Neben Gesellen und Jungen hatten oftmals die Meister auch weibliche Hilfskräfte in ihrer Werk- stätte beschäftigt. Die verhältnismäßig leichtere Arbeit beim Messerer, bei der es mehr auf Geschick- lichkeit als auf Kraft ankam, gestattete eher die Verwendung von Frauen als das raue Handwerk der Schmieden Meistersgattinnen und -Töchter galten rechtlich zur Mitarbeit in der Werkstätte befugt, mussten aber eine Festlegung über die Art ihrer Tätigkeit über sich ergehen lassen. Besonders im 15. Jahrhundert muss die Haltung von weiblichem Gesinde an Stelle der Gesellen und Jungen sehr um sich gegriffen haben, denn dieMeister bezahlten auch in Zeiten besten Geschäftsgangs lieber billigere weibliche Arbeitskräfte als teure Gesellen. Diese wehrten sichmit aller Kraft gegen diese gröbliche Verletzung ihrer verbrieften Rechte und erreichten im Jahre 1470 ein allgemeines Verbot "Messer zum Ausbreiten an der Bank" an die Dienstboten abzugeben. Dies wäre Gesellenarbeit und jeder Geselle wäre verpflichtet, sein Tagewerk Messer selbst auszubreiten. 2 In der Stadt Steyr scheint man sich in der ersten Zeit darnach gehalten zu heben, jedoch im nahen Steinbach, dem Mittelpunkt der Messererzeugung im oberen Steyrtal, trieb dieser Unfug weitere Blü- ten und die anderen Werkstätten beklagten sich sehr über die Meister dieser Werkstätte, die "Weiber, Kinder und Dirnen" für diese Arbeit gewonnen hätten. Frauen, die kein Recht dazu hätten, wurde das "Ausbreiten" strenge untersagt und jede Förderung verboten . 3 Wie krass sich die Frauenarbeit auswirkte, geht aus einer Nachricht aus dem Jahre 1624 hervor, die uns erzählt, dass zwar nicht jeder Meister einen Gesellen, dafür aber 5 - 6 ledige Mägde 1 St. A. Steyr 11/5 , Bitte von 11 Messerern um Zulassung eines eigenen Feuers. 2 St. A. Steyr, 9/28. 3 St. A. Steyr, 9/28.

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