Die oberösterreichische Messerindustrie

17 Geister von der neuen Möglichkeit Gebrauch. Die konservativen Meister, und das war die Mehrzahl, beschränkte sich auf das von den Vätern Ererbte und Gelernte. 1. Einrichtung der Werkstätten und Messermaterial. Die Einrichtung einer Messerwerkstätte sah denkbar einfach aus. Zwar sind uns keine Zeichnungen oder Bilder erhalten, doch sei versucht, aus wenigen mündlichen Erläuterungen eine Rekonstruktion zu bringen. Bis zum Jahre 1770 war es bekanntlich für die Messerer verboten, ein eigenes Essfeuer zu halten. Sie mussten sich daher oft sehr umständlicher und schwieriger Arbeitsmethoden bedienen, um ein Essfeuer ersetzen zu können oder aber zu Feuerarbeitern in die Werkstätte gehen und um Benützung der Essen ersuchen. Da letzteres nur im äußersten Falle geschah, lässt sich denken, hütete doch jeder Meister ängstlich das Geheimnis seiner Kunst und war nicht gewillt, seine Arbeitsmethoden anderen zu verraten. Ein Messeramboss durfte in keiner Werkstätte fehlen, ebensowenig mehrere Messerschraubstö- cke. Eine große Anzahl von Feilen, Verschiedenster Größe und Form, waren für den Handwerker un- entbehrlich - ja sie stellten die wichtigsten Werkzeuge überhaupt dar. Zur Verfeinerung der Messer- griffe wurden die verschiedensten Gattungen und Formen benötigt und man darf wohl behaupten, dass 50 % aller Messerarbeit das "Ausfeilen und Ausbreiten" der Schalen ausmachte. Darunter haben wir im Besonderen die letzte Verfeinerung, also die Bearbeitung des Holzes oder Hornes bis zum feinsten Hochglanz, zu verstehen, was dem heutigen Polieren der Hefte gleichzusetzen ist. Dass bei großer Messerproduktion auch eine beträchtliche Menge Feilen benötigt wurde lässt sich denken und es erwuchs aus diesem Umstande eine sehr enge Verbindung zwischen dem Handwerk der Messerer und der Feilenhauer. Als Material zur Verarbeitung diente in erster Linie in- und ausländisches Holz, insbesondere das qualitativ hochwertige sog. Buchsbaumholz, welches aus Nürnberg geliefert wurde. Für schlechtere Klingensorten genügte auch weniger hochwertiges Beheftungs- bzw. Beschalungsmaterial — so etwa Birn-, Ahorn- und Hagedornholz . 1 Daneben verarbeitete man Rinderknochen, es gab hörnerne und beinerne Schalen für Messergriffe. Messinge diente für Verfeinerungsarbeiten am Griff. Die Entwicklung der Griffe erfuhr im 17. Jhdt. und zu Beginn des 18. Jhdt. eine große Vereinfachung, was nicht zuletzt auf die hohen Kosten von ausländischem Beschalungsmaterial zurückzuführen ist. Unsere Meister verlegten sich daher, neben der Beschalung mit Holz der verschiedensten Gattungen, auf die Verwendung von Ochsenhörnern und -spitzen. Der Bedarf daran war zu allen Zeiten groß und es darf nicht wundern, dass aus Hornmangel oftmals Streit zwischen den beiden bedeutenden Mes- serorten, Steinbach a. Steyr und Steyr herrschte. So hatte im Jahre 1642 ein Meister Hans Pils, aus Neuzeug b. Steyr, inkorporierter Meister der Steinbacher Werkstätte, aus Niederösterreich 1000 Beiner zur "Forderung" seines Handwerks gekauft, die auf der Enns nach Steyr geführt wurden. Hier wurde die Ladung beschlagnahmt und von Steyrer Messerern auf Grund angeblich falscher Mautzahlungen eingezogen. Da aber die Herrschaft Steyr Wasserobrigkeit und Vogtherrschaft für Steinbach zugleich war, blieb Meister Pils im Recht und neid- erfüllt mussten die Steyrer ansehen, wie die Beiner nach Steinbach gingen. 2 Um jedoch das unlautere Aufkaufen von Beinern zwischen beiden Handwerken zu verhindern, schlossen Steyr und Steinbach Verträge, deren Übertretung mit 1 Mark (12 fl) bestraft wurde . 3 Aber auch diese schriftlichen Abmachungen wurden nicht eingehalten, wie im Falle Gottlieb Doppler, Messerer aus Steyr, der ohne Wissen der Messerwerkstätte nach Wien gereist war und dort von den "dem Steinpacher Messerwerch gewidmeten Flöcksiedern etlich tausent oxenpainer" gekauft hatte. Drei Jahre lang dauerte der Streit. Die Steinbacher verlangten die Beschlagnahme der Beiner und freien Verkauf, was sie jedoch nicht erreichen konnten. Doppler durfte die für seinen persönlichen Bedarf nötigen Beiner selbst verarbeiten, den Rest hatte er der Allgemeinheit zur 1 St. A. Steyr, 4/10/374. 2 St. A. Steyr, Mittelk. 32/56, 1642. 3 St. A. Steyr, 1715, 1726, 42/C.

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