Die oberösterreichische Messerindustrie
15 C. Die Messerer: a.) Die Messerwerkstätte Steyr, Größe und Standort der Werkstätten, Herkunft der Meister. Wie wir schon einleitend erwähnt haben, bestand um die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert im Raume von Steyr eine bedeutende Klingen- und Messererzeugung, deren Anfänge bis ins erste Jahr- tausend zurückreichen dürften. Ja wir lesen immer wieder in den Handwerksakten, dass "das einzige Aufkommen hiesigen Landes, der Stadt selbst, seiner Mannschaft und Inwohner, von den Messerern herstammten, die das Kleinod der Stadt ausmachten". 1 Das Handwerk in Steyr bestand aus einer Anzahl von Meisterwerkstätten, die durch den Rat der Stadt Steyr bestimmt wurden. Das 16. Jahrhundert war das Jahrhundert des Aufstiegs, der Blüte für das ehrsame Handwerk der Messerer. Um 1570 wurde das Meisterbuch der Messerer von Steyr angelegt, in dem diejenigen Meis- ter eingetragen wurden, die bis zum Jahre 1570 die Meisterwürde erlangt hatten und das Gewerbe noch ausübten: 303 an der Zahl. Spätere Aufzeichnungen enthalten nur Berichte über Neuaufnahmen, aber keine Gesamtzahl der Meister. 2 Gegen Ende des 16. Jhdt. lebten wohl gegen 300 Meister in Steyr, wenn man pro Meister nur 2 Arbeiter rechnet, einen Gesellen und einen Jungen, so ergibt dies eine Summe von fast 1000 Messer- leuten, die einen Großsteil der Bevölkerung der Stadt ausmachten. Es ist daher nicht zu viel gesagt, wenn man das Messererhandwerk als einen Lebensnerv der alten Eisenstadt bezeichnet, von dem das Wohl und Wehe vieler Familien abhing. 3 Die Häuser und Werkstätten der Messerer lagen meistens in Steyrdorf, dem Vororte im Westen der Stadt Steyr, der sich am linken Steyr-Ufer bis unter die Mündung der Steyr in die Enns entlangzieht, ein neuer Stadtteil — das Wieserfeld — dankt den Messerern sein Entstehen. Dort standen sie und stehen sie noch zum Teil — ebenerdige kleine Häuser, die sowohl Wohnung als auch Werkstätte bargen. Glaubenskämpfe, Reformation und Gegenreformation spielten der Stadt arg mit. Der Großteil der Bürger und Handwerker trat zum neuen Glauben über, viele wanderten lieber aus, als dass sie zur Beichte gegangen wären. So soll die berühmte deutsche Schneidwarenindustrie in Solingen zum Teil eine Grün- dung ausgewandeter Meister aus Steyr sein. Der 30-jährige Krieg und die Türkennot, trug zum Niedergang des Handwerks bei, im Jahre 1747 be- standen nur mehr 59 Werkstätten. Und sogar diese wenigen klagten über Mangel an Arbeit, dazu kam, dass die große Feuersbrunst des Jahres 1749 die halbe Stadt vernichtete . 4 Obwohl unter diesen Umständen die Lage für eine Vergrößerung des Handwerks keineswegs günstig war, ließ der Magistrat ständig neue Meister zum Handwerk zu. Die Meisterschaft erhob zwar Einspruch dagegen, wie z. B. bei der Neuaufnahme des Matthias Mann im Jahre 1753. In einer Resolution wurden die Gründe dafür dargelegt: "durch die große Abnahme der Werkstätte Steyr bliebe ohnehin nur ein Ausweg, die weitere Verminderung der Werkstätten und die Auflassung der Witwenbetriebe, damit die wenigen Meister ihr Auskommen hätten." Aber der Magistrat verhalf Mann zum Ziele, das Handwerk musste ihm die Meisterstücke aufgeben, die dem Magistrat zur Begutachtung vorzulegen waren. Der Kampf des Handwerks blieb erfolglos, Mann wurde Meister. 5 Aus dem Jahre 1764 stammt ein Meisterverzeichnis, das uns nur 49 Werkstätten angibt, die mit einer einzigen Ausnahme alle über schlechten Absatz klagen. Trotzdem bezahlten die Messerer die fälligen Steuern und Abgaben, die je nach Größe und Umfang der Werkstätte zwischen 4 fl und 48 kr — 14 fl 45 kr schwankten . 6 Gegen Ende des 18. Jhdt. fand ein leichter Aufstieg des Handwerks statt, es gab im Jahre 1783 60 Meister in Steyr, die mit 37 Gesellen und 5 Jungen arbeiteten. Noch im Jahre 1832 haben wir 62 Messe- rermeister in Steyr verzeichnet, jedoch ist diese Zunahme nur scheinbar, da inzwischen die Vereinigung 1 St. A. Steyr, 12/42. 2 St. A. Steyr, 12/9. 3 a.a.O., Hack, Eisenhandel, S. 103. 4 St. A. Steyr, 42/C. 5 St. A. Steyr, 42/C. 1753 Stadtratsbeschluss. 6 St. A. Steyr, 1764, Verzeichnis der Messerer von Steyr.
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