Die oberösterreichische Messerindustrie

14 b.) Die Arbeit des Schleifers. 1. Technik des Schleifens. Unter Schleifen verstand man und versteht man jene Tätigkeit, durch die die gehärtete Rohklinge auf einem rotierenden Schleifstein scharfe Schneide und verfeinerte Oberfläche erhielt und erhält. Der Schleifer saß auf einem Sattel über dem Schleifstein und presste die Klinge durch eine Stange auf den ihm zulaufenden Stein, der durch eine Welle, mit dem Wasserrad verbunden, in Bewegung gehalten wurde. Wasser musste auf die Bahn des Steines fließen, damit die Klingen nicht heißgeschliffen und somit fehlerhaft würden. 1 Die Arbeit war ungesund und gefährlich, die Staubkrankheit — Silikose — trat im Schleiferhandwerk sehr häufig auf. Selten wurde ein Schleifer älter als 50 Jahre. Die Unfallsgefahr war beträchtlich und wir haben verschiedene Nachrichten über Schleifer "die der Stein erschlagen hat". Diese Schleifmethode, das sog. Sattelschleifen, hielt sich bis zum Ausgang des 19. Jhdt., dann fand die moderne Solinger Methode — das Knieschleifen — Eingang. 2. Entstehung des Polierens: Die weitere Verfeinerung der geschliffenen Oberfläche auf einer rotierenden Polierscheibe nennt man das "Polieren". Diese Scheibe aus Hartholz, die mit Schmirgel beleimt wurde, gab je nach der Größe des verwen- deten Schmirgelkorns den Klingen schönen Glanz. Um 1600 lesen wir zum ersten Mal von 2 Polier- werkstätten, in denen Klingen poliert werden . 2 Während des ganzen 18. Jhdt. gab es insgesamt 13 Poliermeister in Steyr. Auf dem Lande war das Polieren verboten. Streitigkeiten zwischen Schleifern und den jeweils 2 oder 3 vorhandenen Poliermeistern entstan- den darum, ob nicht ersteren das Recht zukäme, ihre selbst geschliffenen Waren zu polieren. Es ergab sich, dass im ganzen Gewerberecht kein Poliergewerbe aufschien, das Polieren galt als freie Beschäfti- gung und wenn sich ein Teil der Steyrer Schleifer freiwillig einer Beschränkung unterwarf, so war das ihre eigene Angelegenheit. Die beginnende Industrialisierung löste diese, wie so viele andere, im Zunft- geist wurzelnden Streitfragen, von selbst. c.) Geschäftsverkehr der Schleifer mit ihren Auftraggebern. Zum Unterschied von den Klingschmieden, die anfänglich ihre Erzeugnisse selbständig und ohne hilfreiche Hand eines Verlegers an ihre Abnehmer verkauften, erwarben die Schleifer niemals die Wa- ren, die sie schleifen sollten, durch Kauf in ihr Eigentum, sondern schliffen für einen bestimmten Auf- traggeber, mit dem sie fixe Lohnverträge abgeschlossen hatten. Fast nie berichten die Quellen von Forderungen der Schleifer, im Gegensatz zu den oftmaligen, langwierigen Streitverhandlungen zwi- schen Messerern und Schmieden. Der Schliff unterlag allerdings auch der "Amtlichen Beschau". Dieser musste für "gerecht und gut" befunden werden, durfte nicht zu breit, nicht zu schmal, nicht zu lang und nicht zu kurz sein. Schaden- ersatzpflicht der Schleifer bei schlechter Arbeit war zugunsten der Messerer gegeben. Die Messerermeister waren bei Strafandrohung dazu verhalten, ihre Klingen in Steyr schleifen zu lassen, um zu verhindern, dass sie billigere Schleifer in der Umgebung der Stadt, insbesondere in Neu- zeug, mit dieser Arbeit betrauten . 3 Die Frage der gerechten Entlohnung der Schleifer war naturgemäß eines der Hauptprobleme dieses Handwerks, dass uns darüber die Quellen nichts berichten, mag darauf zurückzuführen sein; dass die Schleifer der ärmeren Bevölkerungsschicht angehörten und wohl nicht das Ansehen in der Öffentlich- keit genossen, um ihre Forderungen durchzusetzen. 1 a.a.O., Hack, Eisenhandel S : 83. 2 St. A. Steyr, 1660 Akten Wehrgraben Commune. 3 St. A Steyr, 1753. Akten des Schleiferhandwerks.

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