Die oberösterreichische Messerindustrie

9 bb.) Das Schmieden von Messerklingen. Von dem so vorbereiteten Stahl wurden die Klingen "von der Stange weg" geschmiedet d. h. die angewärmten gegärbten Stahlstangen wurden nicht auf Klingenlänge abgeschnitten, sondern die ein- zelnen Klingen fortlaufend abgeschmiedet. Erst nach dem Abschmieden wurden die Klingen abge- schrottet. Das Ende wurde für die nächste Klinge neu angewärmt. Die Schlusstücke der Stahlstange mussten wegen ihrer Hitze bei der Bearbeitung in eine Feuerzange gespannt werden. Das Ausschmieden der Rohform erfolgte durch den Schmied und den "Schlager". Dies erfolgte also in einer Hitze unter 2 Hämmern. Klingen mit einer Größe über 7 Zoll Länge mussten durch den Schmied und 2 Schlager in 2 Hitzen verfertigt werden, d.h. die Klingen mussten nach dem ersten Schmieden in der Esse nachgewärmt werden. Der Schmied oder Essmeister führte die Stahlstange und gab die Form, der Schlager streckte das Material und schmiedete die Schneide roh vor. Das Treten des Blasebalgs besorgte stets der Jüngste, also der Lehrjunge. Er hatte für gleichmäßige Hitze des Schmiedfeuers zu sorgen. Schlag auf Schlag musste in rascher Folge geführt werden, um die Klingen in einer Hitze in die nötige Form zu bringen, nach jedem Schlag des Schlagers (sein Hammer wog ca. 10 kg) folgte ein solcher des Klingenschmiedes mit einem leichtern Hammer. (1 - 2 kg.) Diese Schläge mussten mit großer Wucht geführt werden, um die dünne Plattform zu gewinnen. Dann legte der Schmied das für den Angel vor- gesehene Stahlstück (Angel: Teil der Klinge, der zum Befestigen des Griffs vorgesehen ist) auf den Mei- ßel und der Schlager hieb darauf, bis dir Klinge vom Stahlstück getrennt war. Diesen Arbeitsvorgang hieß man abschrotten . 1 Im 2. Arbeitsvorgang wurden die bereits abgehackten Klingen in eine Feuerzange gespannt und das für den Angel vorgesehene Stück von einem Schlager ausgeschmiedet. Die weitere Verformung des Angels geschah durch den Messerer. Als folgende Schmiedearbeit geschah das "Breiten" (genaue Formgebung des Klingenblattes). Aus- geführt vom Essmeister diente das "Breiten" der Beseitigung von Unebenheiten am Blatt und die Schneide bekam die entsprechende Stärke. Hiebei wurde das Messerzeichen in die Mitte des Blattes eingeschlagen. Diese qualifizierte Arbeit erforderte entsprechende Sachkenntnis und wurde sehr gut bezahlt. 2 Da- mit war die Formgebung der Klinge beendet, kleinere Korrekturen nahmen die Schleifer auf den Schleifsteinen und die Messerer durch Feilen vor. Die letzte Schmiedearbeit war das Härten der Klingen, das Abschrecken des glühenden Stahlstücks in Wasser oder Öl, um Feder und Schneidhärte zu erzielen. Daran schloss sich das sog. Anlassen, eine allmähliche Erwärmung des Stahls. Da allein die Schmiede ein Feuer halten durfte, war dies den Mes- serern verboten. d.) Klingenformen. Von allen Anfang an dürften die Klingenformen Gegenstand von Abkommen zwischen Messerern und Klingenschmieden gewesen sein, wie es bei dem Ineinandergreifen dieser 2 Handwerke nur selbst verständlich erscheint. Um 1553 ist uns ein Übereinkommen erhalten, wonach für die Herstellung der damaligen Qualitätswaren, des sog. "Frumbwerchs" (Klingen aus Frumbstahl und Zainaisen), 12 Sorten festgesetzt wurden. Alle anderen Formen durften von nun an nicht mehr erzeugt werden. Es war dies die sog. "Mödlklingen", die zur Nachprüfung der Erzeugnisse bei Stadt und Herrschaft Steyr auflagen . 3 Im Laufe der Zeit kam es zu einer Unmenge von Streitigkeiten zwischen beiden Handwerken, deren Gegenstand die Klingensorten bildeten. Sowohl der Vogtherr der Klingenschmiede, der Burggraf der Herrschaft Steyr, als auch der Rat der Stadt Steyr unternahmen Schlichtungsversuche. Es gab viele Muster und Sorten von Klingen, deren ordnungsgemäße Herstellung als Meisterstück des Handwerkers von der Zunft gefordert wurde. Im Laufe des 18. Jhdt. verschwanden manche der vielen Formen, neu tauchen erstmals Gabelklingen auf. Erstmals scheinen im Erzeugungsprogramm der Klingschmiede die "Tyröller Klingen" aus gutem und gemeinem Stahl auf, ebenso wie die 1 a.a.O., Hack, Eisenhandel S. 78. 2 St. A. Steyr, 11/4. 3 a.a.O., Schoiber, S. 42.

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