Die oberösterreichische Messerindustrie
5 2.) Aufstieg und Niedergang des Messererhandwerks: A. Die Klingenschmiede: a.) Das Tal der Klingenschmiede von Kleinraming und seine Geschichte. Das liebliche Tal von Kleinraming und die nordöstlichen Abhänge des Dambergs im Osten der Stadt Steyr, können als die Urheimat der Klingenschmiede angesehen werden. Hier besaß jeder Schmied sein eigenes Anwesen, eine bescheidene Landwirtschaft mit einigen Wiesen, Feldern und Ackern. Ne- ben dem Gehöft stand die Schmiede, ein kleiner Steinbau mit wuchtigem Schornstein. Noch heute kündet manche verlassene Werkstätte vom Gewerbefleiß in vergangenen Zeiten. Eine große Anzahl von Bauernhäusern ist uns überliefert, deren Besitzer jahrhundertelang neben der Landwirtschaft das Klingenschmiedhandwerk betrieben. Das Schmieden ging ohne Hilfe jeder maschinellen Einrichtung vor sich und auch die Wasserkraft fand nicht Verwendung. "Mit der Hand" alleine und ohne jede Hilfe erzeugten die Schmiede ihre Wa- ren bis zum Ende des 19. Jhdt. Wechselvoll und schicksalsreich ist die Geschichte des Tales von Kleinraming, die uns Gottlieb Schoi- ber, ein Spross eines Klingenschmieds aus der Raming, im 19. Jhdt. aufgezeichnet hat. Seit ältester Zeit ist dieses Gebiet mit dem innerbergischen Eisen verbunden —Münzfunde aus der Römerzeit, sowie der teilweise noch erhaltene Saumpfad von Weyer — über Wegerer - Rotenstein - Praschen - Raming - Strass - Burg — nach Enns dient uns als Hinweis für die Eisentransporte vom Erz- berg nach Lorch, zur sagenumwobenen römischen Schildfabrik. Nach dem Abzug der Römer aus Ufern- oricum breitete sich die Herrschaft der Wälder immer mehr aus, so dass das ganze weite Land zwischen Enns und Ybbs der "Ennswald" hieß. Die Bayern brachten das Christentum mit sich und rodeten die Waldlandschaft. Allmählich kam das Tal unter den wirtschaftlichen Einfluss der Stadt Steyr, wobei das wichtige Privileg aus dem Jahre 1287 von entscheidender Bedeutung war. 1 Es war dies die Verleihung des Stapelrechts auf alles Eisen, das aus dem Innerberg gewonnen wurde und nach dem Norden weitertransportiert wurde. Religionskämpfe, Türkenkriege, Pest und Naturkatastrophen suchten das kleine Tal heim. Ein ge- sunder Hang zum Frohsinn war den Menschen dort zu eigen, der solange nicht versiegte, als es Ar- beit, oder zumindest Hoffnung auf solche gab. Das ausgehende 19. Jahrhundert brachte Niedergang und Verfall dieses ehrsamen Handwerks, das Tal verlor seinen Lebensquell, der so vielen durch fast 1 Jahrtausend Arbeit und Brot gegeben. Still und ruhig liegt nun dieses Tal, keine klopfenden Häm- mer und rauchenden Essen künden vom Handwerksgeist, der einst hier, zum Wohle der Stadt Steyr, lebendig war . 2 b.) Größe und Anzahl der Werkstätten. Die Hauptsitze der Schmiede lagen in Kleinraming. In der Stadt Steyr erreichten die Schmiede des- halb nie die Bedeutung des Messererhandwerks, weil letzteres als bürgerliches Gewerbe galt und da- her nur in den Städten oder in hiefür "befreiten" Orten, wie Steinbach an der Steyr, ausgeübt werden durfte. Wohl gab es in Steyr im 15. Jahrhundert eine Anzahl Klingenschmiede, die sich durch Kaiser Maximilian ihre Rechte sichern ließen und noch 1599 Ihre Freiheiten neu bestätigt erhielten. 3 Die Steyrer Klingenschmiede spielten aber im Vergleich zu denen von Kleinraming und Dambach nur eine bescheidene Rolle. Über die Dambacher Schmiede sind keine Aufzeichnungen vorhanden - doch kündet manche ver- fallene Schmiede, dass einst rastloser Gewerbefleiß auch dieses Tal erfüllte. Wie groß die Anzahl der Meistermerkstätten vor dem 16. Jahrhundert gewesen ist, wissen wir aus keinen Aufzeichnungen. Um die Mitte des 16. Jhdt. waren es ca. 200 Meister. 4 Aus dem Jahre 1613 ist uns ein Verzeichnis sämtlicher Klingschmiedwerkstätten im Lande erhalten und es bestanden demzufolge in: Kleinraming und Dambach 179 Meister, in Steinbach, der 1 St. A. Steyr, Mittelkasten I, Nr. 1. 2 Schoiber Gottlieb: "Die Raming und ihre Bewohner", Heimat- und Familienkunde, gedruckt nach 1874, Eigen- verlag, S. 10 ff. 3 St. A. Steyr, 12/42. 4 La. A. Linz, Bd. 1, Klingenschmiede Kleinraming.
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