Die oberösterreichische Messerindustrie

113 Hersteller vor sehr schwere Aufgaben gestellt, ist es doch die große Härte, die der rostfreie Stahl auch im nicht gehärteten Zustand aufweist, weiters die schlechte Wärmeleitfähigkeit auf Grund des hohen Chromgehaltes, die eine sorgfältig abgestimmte Bearbeitungsfolge verlangt. Würde ein rostfreies Mes- ser zu rasch geschliffen werden oder ungenügend gekühlt werden, so wären die wertvollen Eigenschaf- ten bald zerstört. Besonders die Anbringung der Hochglanzpolituren, die aber, gerade zur Erzielung höchster Korro- sionsbeständigkeit absolut notwendig sind, sind heute noch Mittelpunkt der Forschung vieler Labora- torien. Die großen Schleifmittelwerke streben unablässig nach, wirtschaftlicheren und rationeller ar- beitenden Schleifmitteln. Andererseits bietet die herrliche Ziehfähigkeit ein weites Feld für den Bestecktechniker, da der Stahl willig auch den gewagtesten Entwürfen am Griff folgt. Es bietet sich der rostfreie Stahl nicht nur für industrielle Massenartikel, sondern auch für das Kunst- gewerbe als idealer Werkstoff dar, der, wenn er richtig verarbeitet wurde, in vielfältigster Form der Hausfrau seinen Dienst versieht. Besonders die österr. Stahlwerke, die ja mit der Erfindung des rostfreien Stahls eng verknüpft sind, erzeugen ganz vorzügliche Güteklassen der verschiedenen Qualitäten und beliefern außer dem gesam- ten Inlandsmarkt weite ausländische Abnehmerkreise. H. Die internationale Schneidwarenindustrie (Frage der österreichischen Konkurrenzfähigkeit): a.) Allgemein Auf den internationalen Markten gestalten sich die Wettbewerbs Verhältnisse für Schneidwaren immer schwieriger. Das Nachlassen der Rüstungsanstrengungen ermöglicht den amerikanischen Messerfabriken eine volle Kapazitätsausnutzung bei der Messererzeugung, was eine wesentliche Steigerung des Ausstoßes dieser Betriebe zur Folge hat. Viele kleine Länder versuchen durch Förderung neu entstandener, eigener Besteckfabriken Schneidwarenimporte zu verhindert, um so ihr Außenhandelsdefizit zu vermindern. Wo sind nun die wesentlichen Standorte der europäischen Schneidwarenindustrie, die vollinhalt- lich der Sphäre der privaten Wirtschaft angehört: Kopenhagen (Dänemark), Eskilstuna (Schweden), Gemblaux (Belgien), Irun und Toledo (Spanien), Lumezzane und Brescia (Italien), Sheffield (England), Solingen ( Deutschland), Thiers (Frankreich), Zeist und Apeldoorn (Holland), Steyr und Umgebung (Österreich) . 1 Die weltbekannten Solinger Schneidwa- ren, aber auch die aus Sheffield, aus Eskilstuna kommenden "Qualitäts-Marken-Erzeugnisse" beherr- schen bekanntlich seit Jahrzehnten weitgehend die europäischen Märkte. In den billigen, für den Massenkonsum bestimmten Messerwaren, dominieren die zum großen Teil noch in Heimarbeit in Thiers, Lumezzane und Brescia hergestellten, qualitativ nicht sehr hochwertigen Erzeugnisse, die äußerst billig angeboten werden. Es war für die österreichischen Messerfabriken ein mühevolles Beginnen, sich gegenüber einem so großen Kreis von Feinden und Konkurrenten zu behaupten. Dass es gelang, spricht für die in Österreich hergestellte, sehr gut ausgeführte Mittelqualität, die immer dann günstige Aufnahme findet, sofern sie bei annähernd gleicher Qualität billiger ist als die bekannte deutsche und englische Markenware . 2 Allerdings haben sich gerade in den letzten Jahren österreichische Schneidwaren auf den internati- onalen Märkten so eingebürgert, so dass unsere Messer im Begriffe sind, als ähnliche Markenware in Erscheinung zu treten, wie dies etwa hei Solinger Erzeugnissen der Fall ist. In Hinblick auf die Arbeitsverhältnisse ist es von Interesse, dass lediglich in Frankreich, Italien und Österreich weibliche Arbeitskraft bei der Herstellung von Schneidwaren Verwendung finden, im Ge- gensatz zu Deutschland, Schweden, Holland, Belgien und England. 3 Höhere Lohnquote, erhöhte Produktionskosten und dementsprechende Preise der Finalprodukte kennzeichnen die Messerindustrien der Länder, in deren Produktion nur qualifizierte männliche 1 Laut mündlicher Mitteilung, Hr. Prok. Karl Fädler, Steyr, Hack-Werke. 2 Laut mündlicher Mitteilung, Hr. Prok. Karl Fädler, Steyr, Hack-Werke. 3 Laut mündlicher Mitteilung, Hr. Dir. Eugen Hollender, Amefa-Fabrieken, Apeldoorn, Holland.

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