Die oberösterreichische Messerindustrie

112 Für das Anbringen der Griffe steht heutzutage eine erhöhte Auswahl von Möglichkeiten offen, die wichtigsten seien genannt: Die wohl konventionellste Art ist das Beheften durch Aufnieten von 2 Schalen, die in der Regel aus Holz sind, aber auch aus Kunststoff bestehen können. Die Fortschritte der modernen Chemie schufen das "Pressholz", welches in Form bereits fertig vorgearbeiteter Griffe in den Handel kommt. Dann wäre die große Zahl von Plastik-Griffen aller Art zu nennen, die vom bewährten Phenolharz über Edelkunstharz, Polystyrol und Zellulose-Azetat bis zum Polyamid führen, welchem unsere Zeit den Namen Nylon gegeben hat. Der Vollständigkeit halber seien noch die Messer mit Aluminiumgriffen erwähnt, welche eloxiert in allen Farben zu haben sind, hingegen der Liebhaber seine Freude an naturbelassenen Bambusgriffen sucht. Die Messer mit geschnittenen Klingen werden aber auch in einigen Längen mit einem sogenannten künstlichen Ansatz versehen, der bei oberflächlichem Hinsehen die Meinung aufkommen lässt, dass es sich hiebei um eine geschmiedete Klinge handelt. Es ist feststehend, dass in der Art der Beheftung eine deutliche erkennbare Tendenz von den früher fast ausschließlich verwendeten naturellen Materialien (Edelhölzer etc.) zum technisch veredelten Kunststoff ersichtlich ist. Bedenkt man die Einflüsse, denen ein Messergriff während seiner Lebenszeit im Haushalt unter- worfen ist, so wird man eine erstaunliche Fülle an chemischen und mechanischen, je nach Unvorsich- tigkeit der Hausfrau auch thermischen Beanspruchungen erkennen. Allein die Vielfalt der Speisesäuren stellt die mit der Entwicklung von widerstandsfähigen Heft- oder Griffmaterialien befassten Forscher vor schwere Aufgaben. So ergänzen sich die beiden grundlegend verschieden hergestellten Waren in idealer Reise für den Dienst auf der Tafel und in der Küche, zur Freude von Gästen und Hausfrau. c.) Die Bedeutung des rostfreien Stahls für die Besteck- und Messerindustrie. Will man eine Betrachtung anstellen, welche Bedeutung heute der rostfreie Stahl in der Besteckin- dustrie besitzt, so ist es gut, sich über die fundamentalen Tatsachen Kenntnis zu verschaffen. Erstens ist es Chrom, welches den rostfreien Stahl rostfrei macht. Eine weit verbreitete Theorie besagt, dass die Existenz eines dicht anhaftenden Chromoxydfilms über der Oberfläche des Stahls die Rostsicherheit hervorrufe. Dieser Film ist so dünn, dass er selbst mit dem stärksten Mikroskop nicht gesehen werden kann und sich sofort wiederherstellt, wenn er gebrochen wird. Der Widerstand gegen atmosphärische Korrosion beginnt mit einem Chromgehalt von 11 %, so dass Stähle mit einem Chromgehalt von über 11 % im allgemeinen als rostfreie Chromstähle bezeichnet werden. Wird noch Nickel hinzugefügt, so entstehen zusätzliche Eigenschaften, wie besondere Ziehfä- higkeit, besondere Zugfestigkeit und besondere Bruchdehnung. Ist der Chromstahl härtebar durch Wärmebehandlung, so wird er "Martensit" genannt, ist er nicht härtebar, so wird er "ferritisch" bezeichnet. Hieraus kann ersehen werden, dass für die Herstellung von Messern und Messerklingen ausschließlich martensitische Chromstahllegierungen verwendet werden müssen, deren Kohlenstoffgehalt im allgemeinen über 0,15 % liegt, Stahllegierungen mit einem Chromgehalt über 13,5 % hingegen für die Besteckerzeugung als ferritische Typen in Frage, kommen (mit einem Kohlenstoffgehalt wesentlich unter 0,12 %). Die Chromnickeltypen weisen austenitisches Gefüge auf und sind von höchster Korrosionsbestän- digkeit; daher werden für niedere und mittelmäßige Ansprüche vorzugsweise die chromlegierten, rost- freien Stähle verwendet; für hohe Ansprüche, besonders wenn erhöhten Korrosionseinflüssen wider- standen werden soll (z.B. Seewasser), so kommt die Anwendung von Chromnickelstahl in Frage. Die Bedeutung, die der rostfreie Stahl für die Messer- und Besteckindustrie erlangt hat, ist heute so dominierend, dass nur mehr ein geringster Prozentsatz von Waren in nicht rostfreier Qualität her- gestellt wird. Besonders vom hygienischen Standpunkt aus hat die Anwendung des rostfreien Stahls so viele Vorzüge, dass das gelegentliche Antreffen von nicht rostfreien Messern höchstens wie eine Reminiszenz aus einer längst vergangenen Zeit wirkt. Es wäre schwer auszudenken, wie die heute in der Küche verwendeten Waschmitteln auf nicht rostfreien Stahl wirken würden. Selbstverständlich hat die Umstellung von nicht rostfreiem auf rostfreien Stahl die Besteck

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