Die oberösterreichische Messerindustrie

91 50 Beschäftigten aufrechterhielt. Meist erzeugte man geschmiedete Klingen und Küchenmesser. 1929 kam es zur Lösung des Pachtvertrages. Das Werk stand bis September 1933 still. Dann kaufte die Fa- milie Pils die Werksanlage, ein neuer Aufstieg setzte ein. 2. Erste Steyr'sche Messer-, Stahl-, Eisen- und Metallwarenfabrik Joachim Win- ternitz Neffen: Geradezu tragisch mutet uns das Schicksal dieser einst führenden Messerfabrik Österreichs an. Es gelang dem Unternehmen nicht, nach dem 1. Weltkriege seine einst innegehabte Stellung wieder zu erreichen, die nötige Erneuerung und Ergänzung des Maschinenparks unterblieb. Vor allem lag dies daran, dass bereits kurz nach Kriegsende der tatkräftige und ideenreiche Gesell- schafter Josef Stein aus der Firma Winternitz ausschied. Zwar führte Moritz Schulz den Betrieb vorerst mit seinen Schwiegersöhnen Otto Dub und Rudolf Simper weiter, jedoch fehlte es an wirklicher Unter- nehmerinitiative. Nach einer vorübergehenden Betriebseinstellung kam es zur Veräußerung der Fabrik an Ing. Arnold Freiherr von Schmidt und Rudolf Diesel. Die beginnende Weltwirtschaftskrise machte alle Versuche, dieses altbekannte Unternehmen zu neuer Blüte zu führen, zunichte. Die Verschuldung wuchs, der Niedergang war unaufhaltsam. Im Jahre 1929 verkauften Freiherr von Schmidt und Rudolf Diesel den Betrieb an die Gesellschafter Ludwig Pils, Adolf Herzog und Richard Trommer , 1 die in der Firma Franz Pils Söhne vereint waren. Jene genossen weitgehende finanzielle Förderung seitens eines österreichischen Creditinstituts, dessen Ab- sicht die Fusionierung der gesamten österreichischen Messerindustrie war. Die Produktion erfuhr eine kurzfristige Belebung. Als es jedoch zum Ankauf der Merkurwerke in Neuzeug durch die Firma Franz Pils Söhne, (Ludwig Pils, Adolf Herzog, Richard Frommer) kam, verla- gerte sich der Schwerpunkt der Erzeugung in jenes Unternehmen. Bald wurde der Betrieb in dem Stey- rer Werk der Firma Franz Pils Sohne, vormals Joachim Winternitz Neffen, völlig eingestellt . 2 Der Niedergang einer einst so bedeutenden Messerfabrik war abgeschlossen, für immer ver- schwanden die früher so beliebten, mit der Pfeife gezeichneten Messer, aus der österreichischen Schneidwarenbranche. 3. Josef Hack, Messerwarenfabrik, Gesellschaft m. b. H., Steyr, OÖ.: Nach vierjährigem Stillstand entwickelte sich die Messerwarenfabrik Josef Hack zu einem Spitzen- betrieb ersten Ranges. Die Söhne des Hauses, Josef und Gustav Hack, glücklicherweise vom Kriege heil zurückgekehrt, brachten neues Leben in die vereinsamten Werkstätten. 1921 übergab Frau Josefa Hack, die Witwe nach Josef Hack, ihren beiden Söhnen Josef und Gustav Hack das Unternehmen, bei gleichzeitiger Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Jo- sef Hack, der bereits vor dem Kriege als Geschäftsführer tätig war und hiedurch über reiche Erfahrung in der Messerbranche verfügte, wurde mit 55 %, Gustav Hack mit 45 % am Stammkapital beteiligt. Was harte Selbstzucht und unermüdlicher Fleiß in einem schon halb in Vergessenheit geratenen Werk erarbeiten können, zeigten die folgenden Jahrzehnte. Hiebei hatten die beiden Brüder immer das Vorbild ihrer Mutter vor Augen, deren bewunderungswürdiger Tatkraft und Umsicht die Weiter- führung des Betriebes ab 1906 bis 1914 zu danken war . 3 Zunächst wurden die Werksobjekte der Werkzeugfabrik Heller erworben, so dass als neuer Standort des Unternehmens die Häuser Fabrikstraße Nr. 1, Badgasse Nr. 6, 7 und 9 in Steyr zu nennen sind. 150 PS Wasserkräfte, eine Serie von Elektromotoren und eine Reihe moderner Werkzeug und Pro- duktionsmaschinen leisteten, richtig eingesetzt, beste Dienste. Der Betrieb, der längst die ursprünglich im Handwerkmäßigen liegende Gestaltung abgestreift hatte, beschäftigte nunmehr als typischer Fab- riksbetrieb ständig 60 - 80 Arbeitnehmer. Entsagungsreich und mühevoll war der Aufstieg dieser Firma. Ohne entsprechendes Kapital, lediglich vertrauend auf das eigene Kennen und auf die Umsicht treuer Mitarbeiter führten die beiden Gesellschafter und Geschäftsführer das Hack’sche Familienunterneh- men zu beachtenswerter Blüte. 1 Gewerberegister Steyr, 6817/7.5.1929 Rathaus 2 Mündl. Mitteilung Hr. Josef Hack sen. 3 a.a.O., Meixner, S. 303.

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