Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts

-84- Überwachung in Bleitafeln eingeschlagen, die im Besitzer des Handwerks waren. 1 Trotzdem nun Form und Namen der Zeichen genau festgehalten waren, versuchten manche Meister durch „Nach- schlagen“ oder nur geringe Veränderungen sich gut eingeführte Zeichen anzueignen, um bessere Absatzmöglichkeiten zu erzielen; dieser Missbrauch war bis in die neueste Zeit weit verbreitet. Dem Messerer galt aber sein Zeichen als geheiligtes Recht, das er streng hütete und sich nicht nehmen ließ. Es erfolgte daher strengstes Verbot, gleiche oder ähnliche Zeichen nachzuschlagen. Sollte sich dies trotzdem in einem Ort ereignen, so waren das gesamte Handwerk dieser Gemeinde berechtigt, das Zeichen abzuschaffen und zu verbieten, damit jede weitere Zwistigkeit vermieden würde. 2 Das Handwerk versuchte, durch Ankauf sämtlicher Klingen mit nachgeschlagenen Zeichen, diese schäd- lichen Übergriffe abzustellen. Zugleich wurde gefordert, dass jede Werkstätte ihren eigenen „Bei- schlag“ führen solle, damit im Übertretungsfalle die jeweilige Werkstätte festzustellen wäre . 3 Trotz dieser strengen Maßnahmen und schwerer Strafen gegen widerspenstige Meister konnte die Zei- chenfrage zu allen Zeiten nie zur Gänze geklärt werden. Besonders schweren Stand hatte das Hand- werk gegenüber den unredlichen Messerern, den „Frettern“, die durch Ankauf eines Zeichens ihre Erzeugnisse zu legitimieren suchten; dagegen kämpften mit aller Macht die redlichen Werkstätten. Kaiser Maximilian I, der selbst Regelungen der Gewerbefragen vorgenommen hatte, bestimmte da- her, dass kein Messerer einem ungelernten Mitbürger sein Zeichen verkaufen oder auf andere Weise ihm vermachen durfte; jene Bürger, die bereits Messerzeichen seit alters her in Besitz hätten, konn- ten diese bis zu des Kaisers Widerruf gebrauchen . 4 Auch den Messerhändlern war es verboten, we- der durch Kauf noch auf andere Weise Messerzeichen zu erwerben. Die Händler hatten damit selbst jenes Vorrecht des Handwerkers beansprucht, dessen Besitz er heiß verteidigte. Führte ein Hand- werker ein gut eingeführtes Zeichen, so war dadurch nicht nur der Absatz gesichert, der Messerer konnte seine Waren auch um teurere Preise an die Händler absetzen; der Verleger hatte sich je nach der Güte der Handwerksmarke mit dem Messerer verglichen. 5 Die verschiedenen Preissätze, die die einzelnen Messerhändler ihren Messerern für bestimmte Messersorten zahlten, ist nicht zuletzt auf die Qualität der Handwerksmarken zurückzuführen. Seit 1516 wurden in Steyr die Messerzeichen, sowie ihre Verleihung an die einzelnen Meister in das „Schultbuch“ eingetragen und hier abgedruckt . 6 Form und Name der Zeichen stehen kaum in Beziehung zueinander; die Zeichen sind sehr stilisiert und ihre Bedeutung kaum zu erkennen. 7 Bis 1531 wurden die Formen sehr kräftig eingeschlagen, seit dieser Zeit begann man sie zierlicher zu gestalten manche Meister schmückten ihre Zeichen am Fuße mit einer stilisierten Krone. 8 Bis zum Jahre 1551 mussten die Messerzeichen und der Schild „Neu-Österreich“ getrennt eingeschlagen werden; seit diesem Jahr konnte die Zeichnung der Klingen gemeinsam erfolgen. Die Zeichen dieser Art und Größe blieben bis 1643. Vereinzelt tauchten im Jahre 1610 zwei Zeichen auf, die einer frühe- ren Zeitperiode angehört haben dürften: ihnen fehlte Krone und Bindenschild . 9 Seit 1644 schlug man ganz kleine Zeichen und ließ oft Krone und Bindenschild ganz weg . 10 Ein gänzlich neues Bild bot das 1 vgl. noch vorhandene Bleitafel aus dem Jahre 1793, Stadtmuseum, Anhang Blatt Nr. 34. 2 1546 Sept. 14, Vergleichschrift, vgl. S. 76, Anm. 5; nach der Ordnung für Steinbach, 1462 März 25, hieß es: „ain yeder maister soll haben ain aigens zaichen vnd das ain zaichen dem anndern mit gleich sei noch zu nahent stee, wer aber das ain maister dem andern sein zaichen aufslüge vnd würde des überweist der ist vnns veruallen zwayunnddreissig Pfund Pfenning an alle gnad vnd dem maister seinen schaden abzetragen vnd soll ganntz von dem hanndtwerch seijn und nymermer dartzue gefürdert werden“; vgl. S. 79, Anm. 4. 3 z. B. die Werkstätte Steinbach führte das „S“ als Beischlag. 4 1505 Entscheid Maximilian I. XII/42, St.A. 5 1580 Verzeichnis der Messerhandelsleute zu Steyr, ihre verlegten Messerer und die Preisvereinbarungen. IV/10/374, St.A.; vgl. Anhang Nr. 11. 6 Vom Jahre 1516-1666 Eintragungen der Zeichen in das „Schultbuch“ des Handwerks, XII/9, St.A.; vgl. Quel- lenlage. 7 vgl. Anhang Blatt 26-34, Darstellung sämtlicher im Schultbuch eingetragener Messerzeichen; hierzu vgl. Anhang Nr. 9, Liste der Messerzeichen. 8 vgl. Zeichen Nr. 7, 6, 8, 11. 9 vgl. Zeichen Nr. 330, 334. 10 vgl. Zeichen Nr. 456.

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