Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
-83- III. Der Messerhandel. 1. Die Messerzeichen Seit den ältesten Zeiten war es üblich, dass der Klingenschmied das Meisterzeichen des Messe- rers, für den er die Klingen lieferte, einschlug und dieser ihn dafür entsprechend bezahlte. 1 Diese Tatsache war einerseits technisch begründet, da die Klingenschmiede die Esse zur Verfügung hatten und die Zeichen während des Ausschmiedens der Rohform, also in glühendem Zustand, mit einem Stempel aufschlugen . 2 Andererseits zielte ja die Politik der Messerer darauf ab, möglichst wenig „rauhe“ Klingen in die Hände anderer auswärtiger Meister kommen zu lassen, um die Errichtung neuer Messerwerkstätten zu vermeiden . 3 Das gemeinsame Zeichen aller Klingenschmiede, das sie auf jene Klingen schlagen durften, die sie nicht den Messerern von Steyr zu arbeiten gaben, war das „brüderische oder ungarische“, da von den wenigen Klingen, die sie ausführen durften, die meisten nach Ungarn gingen. Die Klingenschmiedemeister besaßen also keine Meisterzeichen. Zu Beginn des 15. Jh. hatte bereits jeder Messerermeister sein eigenes Handwerkszeichen; war es gut bekannt und eingeführt, dann galt es als unfehlbares Werbemittel, es sicherte einen festen Platz auf dem Markt und lockte die Abnehmer an. Mit dem Ruhm, den sich die Steyrer Erzeugnisse überall erwarben, erwuchs auch das Verlangen, besonderen Schutz für diese zu erzielen. Die Steyrer Messerer wollten ihre Waren besonders gekennzeichnet haben und erbaten sich im Jahre 1441 von König Friedrich IV., dass „nufürbas nymand annder dann dieselben Messer zu Steyr vnd in dem Burkfrid daselbs dem Schild Österreich auf alle ihre messerwerch aufslahn vnd des nicht vnderwegn lassen damit ir arbait, wo die gesehen werde, für annder menigklich arbeit messerwerchs aufgezeigt erkannt und dafür gehalten werde.“ 4 Diese Sonderbestimmung betraf jedoch nur Qualitätsware, bei „Hauffenwerk“ durfte der „slacg des vorgenanten Schildes darauf nicht geslagen“ werden. Hier kommt deutlich das Interesse des Staates zum Ausdruck, nur beste Ware zu erzeugen und zu exportieren; denn es dürfte sich hier in erster Linie um ausgeführte Messerwaren handeln, als die zur Versorgung des Inlands- marktes nötig waren. Der Schild „Neu Österreich“ bürgte wie eine Schutzmarke in allen Absatzge- bieten für die Güte der Steyrer Erzeugnisse. Um zu verhindern, dass ein außerhalb des Steyrer Burg- frieds ansässiger Messerer diesen Bindenschild führte, erließ 1459 Kaiser Friedrich III. eine ergän- zende Bestimmung . 5 Die Messerer des Steyrer Burgfriedes waren ab nun berechtigt, jene nicht mit dieser Freiheit ausgestatteten Messerer den landesfürstlichen Behörden anzuzeigen, die jene Er- zeugnisse konfiszieren sollten. Es ist eine interessante Tatsache, dass in all den Ordnungen nur von den Klingenschmieden innerhalb des Steyrer Burgfriedes die Rede ist. Wie standen die Dinge in Klein- raming und Dambach, jenen Zentren der Klingenindustrie? Waren diese Klingenschmiede vielleicht schon früher vertraglich verpflichtet worden, die Messerzeichen der Steyrer aufzuschlagen? Auch in der Entscheidung Maximilian I. vom Jahre 1505 werden nur die bürgerlichen Klingenschmiede er- wähnt, die die Zeichen der Messerer schlagen sollten. 6 Die Erwerbung eines Zeichens erfolgte durch Kauf vom Handwerk; die Bewilligung, es zu führen, wurde dem Meister durch die Verleihung eines „Zeichenbriefes“ vom Landesfürsten selbst erteilt. 7 Jedem Meister war es verboten, mehr als ein Handwerkszeichen zu führen. Dieses hatte er „sein lebtag vnuerenndert (zu) behalten“ und es auf alle seine Erzeugnisse „zu dem Schild Neu-Österreich“ aufschlagen. 8 Die Zeichen waren zur besseren 1 1407 ? Herzog Ernst, Freiheit der Messerer: „die klingen (smid) ... mugen ... maister messer die selber nicht klingen slahent derselben maister march umb lon wol ... slahen ...“; S. 36, Anm. 3. 2 vgl. S. 42. 3 vgl. S. 48. 4 1468 Okt. 19, Graz, Friedrich III. bestätigt und erweitert die alten Freiheiten der Steyrer Messerer; XI/28, St.A.; vgl. Anhang Nr. 3. 5 1459 Jän. 17, Linz, Erzherzog Albrecht V, diese Ordnung neuerlich bestätigt durch Friedrich III. 1468; vgl. S. 83, Anm. 4. 6 1505 Entscheid Maximilian I. XII/42, St.A. 7 1535 Apr. 15, Ferdinand I. bestätigt Stefan Schmiedinger sein Meisterzeichen; 1572 Dez. 11, Maximilian II. be- stätigt Sebastian Haller sein Meisterzeichen, IX/28, St.A.; weitere 5 Zeichenbriefe aus dem 18. Jh. XII/9, St.A. 8 1441 Aug. 8, Neustadt, Friedrich III.; vgl. 1468, Anm. 4.
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