Eisenhandel und Messererhandwerk der Stadt Steyr bis zum Ende des 17. Jahrhunderts
-73- Neben diesen Aufgaben, die die Bruderschaft erfüllte, hatte sie auch für den geselligen Zusammen- halt ihrer Genossen zu sorgen. Neben den offiziellen Zusammenkünften fanden die Gesellen sich zu lustigen Trinkgemeinschaften, „Irken“ genannt in der Herberge zusammen. Jeder teilnehmende Ge- selle hatte in eine Gemeinschaftskasse zu zahlen, wovon die gesamte Rechnung beglichen wurde. So- bald der Gesellenbote verkündete, dass die „Irken“ zu zahlen sei, musste jeder Geselle das Geld sofort auf den Tisch legen. Ehe dies nicht geschehen war, durfte kein Geselle, ob jung oder alt, Stoff aus dem Fass holen. Ging ein Geselle ohne Vorwissen und Erlaubnis der Viergesellen fort ohne die „Irken' be- zahlt zu haben oder einen anderen Gesellen mit der Bezahlung beauftragt zu haben, wurde dieser nach alter Gewohnheit bestraft. Die Viergesellen selbst schienen bei der „Irken“ von den Gestellen frei ge- halten worden zu sein, doch es kam vor, dass sie eine „unmäßige Zehrung“ machten und die Gesellen beschlossen daher, dieses Privileg der Viergesellen einzuschränken. Ihre Auslagen durften höchstens 60-70 Pfg. betragen, höhere Beträge wurden nicht von der Bruderschaft aus bezahlt. Trotz dieser gro- ßen Förderung der Geselligkeit unter den Gesellen wahrte die Bruderschaft strenge die guten Sitten ihrer Genossen sowohl auf der Herberge als auch beim Meister. Ungebührliche Verhalten und Über- schreiten des Anstandes wurden von der Bruderschaft bestraft. Für einen richtigen Gesellen war es Pflicht, einen tugendhaften ehrbaren Lebenswandel zu führen. Auf der Herberge galten strenge Vor- schriften: Unmäßigkeit im Trinken war seit alters her verboten. Setzte einer dem andern mit verbote- nen und unehrlichen Worten zu, zeihte in der Lüge oder zeigte ihm zur Verachtung „die Feige“, so musste er für jede dieser Beleidigungen ein Strafgeld in die Gesellenlade zahlen. Ungebührliches Ver- halten, Raufen oder Schlagen zog die Strafe der Bruderschaft nach sich. Da aus dem Spiel oftmals Streit entstand, war es verboten und mehr als 1 Helbling zu spielen; war der Preis ein Dienst, so durfte dieser nicht höher als 3 Pfg. gewertet werden. Man war ständig bedacht, die „Ehrbarkeit des Gesellenstan- des“ nicht zu verletzen, sondern zu schützen. Die Bruderschaft zog also den gesamten Lebenskreis ihrer Genossen in ihren Bann; diese waren, persönlich, gesellschaftlich und wirtschaftlich in ihr aufgegangen und hatten sich ihr unterstellt.
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